Cannibal Mukbang: Kritik zum Film – Liebe geht durch den Magen

Cannibal Mukbang Film 2023
TitelCannibal Mukbang
Genre Horror, Komödie
Jahr2023
FSK18
RegieAimee Kuge

Heimkinostart: 30.10.2025

Liebe geht durch den Magen – manchmal wortwörtlich

Kein anderes Genre hat seinen Finger so sehr am Puls der Zeit wie der Horrorfilm. Soziale Missstände, politische Unruhen, neue Technologien – egal, was die Welt bewegt, was ihr Angst macht oder sie begeistert, man kann sich sicher sein, dass sich das auf irgendeine Weise im Genre widerspiegelt. Auch die Gefahren von Social Media, sei es durch bizarre Trends oder das Eindringen in die Privatsphäre, werden schon seit mehreren Jahren immer wieder in Gruselfilmen aufgegriffen – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Mukbanging, ein Trend, der in Südkorea entstanden ist und sich mittlerweile auf der ganzen Welt verbreitet hat, bezeichnet das Verzehren großer Mengen an Essen vor einem Online-Publikum. So bizarr das auch klingen mag: Für viele Menschen bedeutet dieser Content Entspannung oder das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Doch bietet das wirklich genug Stoff für einen Horrorfilm?

Cannibal Mukbang Film 2023
Cannibal Mukbang ©Meteor Film

Wenn es nach Aimee Kuge geht, dann eindeutig ja. Die japanisch-amerikanische Regisseurin konnte zuvor mit der Produktion von Fernsehserien, zwei Horror-Kurzfilmen und einem Erotikfilm Erfahrungen sammeln. All das vereint sie nun in ihrem Langfilmdebüt „Cannibal Mukbang“ – einer verrückten Liebesgeschichte, die sexy, blutig und überaus verstörend ist. Im Mittelpunkt steht der schüchterne Mark (Nate Wise), der nicht weiß, wie er mit Frauen umgehen soll und regelmäßig Ratschläge bei seinem misogynen Bruder Maverick (Clay von Carlowitz) einholt. In einem Supermarkt lernt er die hübsche Ash (April Consalo) kennen, flüchtet allerdings regelrecht vor der Situation. Wie es der Zufall will, gerät Mark kurz darauf in einen Autounfall, den Ash verursacht. Die beiden beginnen sich näher kennenzulernen, und Mark bekommt die rothaarige Unbekannte einfach nicht mehr aus dem Kopf. Doch eines Nachts begegnet er Ash in einem verlassenen Park – in Begleitung eines Mannes – und was er dort sieht, stellt seine ganze Welt auf den Kopf.

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Romantik trifft Menschenfleisch

Was zunächst geheimnisvoll klingt, ist in Wahrheit recht simpel: Ash ist eine Kannibalin. Daraus macht Regisseurin Aimee Kuge kein Geheimnis, weder im Filmtitel noch auf dem auffälligen Poster. Es ist kein Twist im herkömmlichen Sinne, auch wenn der Weg zur Enthüllung ein wenig an „Fresh“ erinnert. Das Kennenlernen zwischen Mark und Ash hat etwas Zärtliches, Unbeholfenes und auch Romantisches. Man vergisst beinahe, welche Art von Film man gerade sieht – bis einem plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Dieser tonale Bruch funktioniert hervorragend. Auch wenn es ab diesem Punkt deutlich blutiger wird, bleibt „Cannibal Mukbang“ im Kern eine Liebesgeschichte. Und gleichzeitig eine über Einsamkeit, vor allem die oft thematisierte männliche Einsamkeit, und darüber, was Menschen bereit sind zu akzeptieren, um daran etwas zu ändern – selbst wenn man dabei Gefahr läuft sich selbst und seine Moralvorstellungen zu verlieren. Zugleich thematisiert Kuge aber auch toxische Maskulinität und driftet in klassische Gefilde des Rape&Revenge-Subgenres ab.

Cannibal Mukbang Film 2023
Cannibal Mukbang ©Meteor Film

Ash macht nicht einfach Jagd auf Männer, sondern auf jene, die es ihrer Ansicht nach verdient haben: Vergewaltiger, Mörder und anderes Gesindel, das unter dem Schutz des Patriarchats selten seine gerechte Strafe erhält. Damit reiht sie sich ein in die Tradition von „Promising Young Woman“ oder „Jennifer’s Body“. Immer mit einem frechen Spruch auf den Lippen und in aufreizender Kleidung metzelt sich Ash durch den Abschaum der Männerwelt – und findet damit sicher ihren Platz im „Good For Her“-Subgenre. Die Mukbangs spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle, sie dienen eher als Vorwand, um das Thema Essen ins Zentrum zu rücken, bevor Ash‘ wahre Identität offenbart wird. Menschen mit Misophonie werden es mit diesem Film schwer haben: Die Essensgeräusche und Nahaufnahmen sind fast genauso unangenehm wie die blutigen Eskapaden. Diese wiederum sind mit hervorragenden praktischen Effekten umgesetzt, besonders in einer grell-bunten Neonmontage, die die Mordserie des Paares spektakulär zusammenfasst. Damit gleicht Kuge fast wieder aus, dass die komplexen Themen nicht immer die Tiefe erhalten, die sie verdienen. Getragen wird „Cannibal Mukbang“ aber ohnehin von zwei starken, charmanten Hauptdarstellern, die ihren Rollen auf ganz eigene Weise Leben einhauchen.

Cannibal Mukbang Film 2023
Cannibal Mukbang ©Meteor Film

Fazit

„Cannibal Mukbang“ ist schrill, verstörend und auf seltsame Weise charmant. Aimee Kuge mixt Liebe, Gewalt und Gesellschaftskritik zu einem ungewöhnlichen, aber fesselnden Gesamtpaket. Nicht jeder Ton sitzt perfekt, doch der Mut zur Eigenständigkeit und die stilistische Energie machen den Film zu einem echten Erlebnis für Horrorfans, die auch mal über den Tellerrand schauen wollen.

Bewertung: 3.5 von 5.
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