DER WATCHDOG

Titel	Materialists – Was ist Liebe wert?
Genre	Drama, Romanze
Jahr	2025
FSK	12
Regie	Celine Song

Gefangen im Algorithmus der großen Liebe

Liebe ist intuitiv. Sie kommt aus dem Nichts, oft entgegen jeder Vernunft und Logik. Aus dem Bauch, nicht aus dem Kopf. Ein Gefühl, das sich meist nicht greifen lässt, und doch so real ist wie die Luft, die man atmet. Doch was bleibt von dieser Magie, wenn sich Liebe in Berechnungen verliert? Wenn plötzlich Algorithmen darüber entscheiden, wer zueinander passt – nach Größe, Bildungsgrad, Gehalt? „Materialists – Was ist Liebe wert?“ mag keine neuen Fragen stellen, aber zeigt den Mut, anders an sie heranzutreten. Leiser. Kühler. Ehrlicher. Und manchmal auf eine Weise, die einem nicht gefällt – aber vielleicht gerade deshalb notwendig ist.

Und darum geht es…

Lucy (Dakota Johnson) verdient ihr Geld mit der Vermittlung der Reichen. Ihr Job: Menschen zusammenbringen, die sich nicht aus Liebe, sondern aus finanzieller Logik ergänzen. Einkommen, Bildung, Status – die Algorithmen sind klar. Doch während sie für andere kalkuliert, verliert sie das Maß für sich selbst. Zwischen dem gutmütigen, mittellosen Ex John (Chris Evans) und dem wohlhabenden, geheimnisvoll verschlossenen Harry (Pedro Pascal) gerät ihr Leben aus der Balance. Was ist Liebe – und was ist ein gutes Geschäft?

Nüchtern betrachtet gut, aber auch ziemlich nüchtern

Celine Song hat schon mit „Past Lives“ ein präzises Auge für menschliche Beziehungen bewiesen. „Materialists – Was ist Liebe wert?“ ist kälter, analytischer, aber nicht weniger treffsicher. Ein Film, der beobachtet – nicht urteilt. Lucy ist keine Heldin, keine Märtyrerin. Sie ist nüchtern, funktional, manchmal sogar unsympathisch – und genau deshalb so menschlich. Dakota Johnson („Am I OK?“) trägt ihre Rolle mit einer Art zerbrechlicher Undurchsichtigkeit. Ihre Lucy ist kontrolliert, glatt, unnahbar – und in winzigen, fast übersehbaren Momenten zutiefst verletzlich. Die Art, wie sie schweigt, wie sie eine Geste nicht zu Ende führt, wie ihr Blick hängen bleibt – das ist die eigentliche Sprache von „Materialists – Was ist Liebe wert?“. Chris Evans („Red One“) überrascht indes mit einer ungewohnt stillen Wärme, wenngleich er neben Johnsons Präsenz kaum Akzente setzen kann, während Pedro Pascals („Gladiator 2“) Wunschkatalogmann Harry absichtlich vage bleibt – mehr eine Idee als Person. 

„Materialists – Was ist Liebe wert?“ erzählt keineswegs nur eine Liebesgeschichte, sondern seziert mit präzisem Blick die Mechanismen moderner Beziehungsmuster. Der RomCom-verheißende Trailer täuscht dabei bewusst – denn was auf den ersten Blick nach leichter Unterhaltung aussieht, entpuppt sich als scharfsinnige Analyse gegenwärtiger Dating-Muster. Es geht um wirtschaftliche Sicherheit, um romantische Strategien, um Macht und um weibliche Verfügbarkeit in einer Welt, die das Wort „Selbstbestimmung“ gern in Cap Slot in Social-Media-Kommentarspalten propagiert, es aber selten lebt. Das zeigt sich auch beim Umgang mit dem Thema sexueller Übergriffe, der komplett ohne Polemik und Dramatisierung auskommt – einfach, weil das Leben weitergeht. Dass die großen Gefühle dabei ausbleiben, ist der bewusst distanzierten Inszenierung geschuldet – was „Materialists – Was ist Liebe wert?“ letztlich doch schwerer zugänglich macht, als man es sich stellenweise wünschen würde. Das ist konsequent – und genau deshalb auch so ernüchternd.