DER WATCHDOG

Titel	Deep Cover
Genre	Action, Komödie
Jahr	2025
FSK	16
Regie	Tom Kingsley

Improvisiert ins Verderben – und noch viel weiter!

Noch bevor Amazon in “Deep Cover” eine ambitionierte Impro-Lehrerin zur waschechten Undercover-Ermittlerin ausbilden lässt, geriet Bill Murray rund 28 Jahre zuvor in eine ähnliche Lage: In “Agent Null Null Nix” stolperte die Hollywood-Legende als ahnungsloser Tourist in eine echte Spionageaffäre – im festen Glauben, Teil eines improvisierten Theaterspiels zu sein, mit fatal-komischen Folgen. Auch das bis in die Nebenrollen prominent besetzte Amazon Original greift dieses Spiel mit der Grenze zwischen Schein und Sein auf – diesmal jedoch ganz bewusst, wenn eine Lehrerin und ihre Schüler*innen gezielt die Bühne des Verbrechens betreten. 

Und darum geht es…

Kat (Bryce Dallas Howard) hat den Traum von einer großen Comedy-Karriere längst begraben. Statt auf der Bühne steht sie nun in einem heruntergekommenen Improvisationskurs irgendwo in London – bis ein Undercover-Job alles auf den Kopf stellt. Sie soll sich gemeinsam mit zwei ihrer Schüler, dem eitlen Marlon (Orlando Bloom) und dem überforderten Hugh (Nick Mohammed), in ein kriminelles Syndikat einschleusen. Ihr Ziel: den skrupellosen Gangsterboss Metcalfe (Ian McShane) zu überführen. Anfangs funktioniert das Spiel mit der Fassade überraschend gut – doch mit jeder Lüge geraten sie tiefer in eine Welt, die mit Impro-Regeln nicht zu kontrollieren ist. Und bald stellt sich die Frage: Wo hört das Spiel auf, und wo beginnt der Ernst?

Gesichtsmuskelkater garantiert!

Nach einer Reihe missglückter Ausflüge ins komödiantische Actionkino – wie dem dramaturgisch müden “The Killer’s Game” oder dem tonal desorientierten “Red One” – überrascht “Deep Cover” als positiver Ausreißer aus dem Sumpf an gleichgeschalteter Massenware der Produktionsschmiede Amazon MGM Studios. Statt auf halbgare Starpower und gesichtslose Figurenkonstellationen vertraut Regisseur Tom Kingsley auf eine clevere Prämisse, drollige Typen und ein Ensemble, das sich mit Hingabe in den Klamauk stürzt. Ob Orlando Bloom (“Red Right Hand”) in der Rolle des mit manischer Inbrunst und kaum gebremstem Overcommitment ausgestatteten Möchtegern-Charakterdarsteller Marlon, oder “Ted Lasso”-Star Nick Mohammed, der den socially awkward ITler Hugh mit solcher Warmherzigkeit spielt, dass man ihn direkt ins Herz schließen muss – “Deep Cover” versteht es, seine Figuren lebendig und eigenwillig zu formen. Unter der Führung der gewohnt souveränen Bryce Dallas Howard (“Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter”) stolpern die drei also schnell ins Fadenkreuz der Unterwelt und arbeiten sich mit der im Theater bewährten “Yes, and“-Methode immer tiefer in den Schlamassel.

Wenn das ungleiche Trio erst einmal beginnt, ihr Lügenkonstrukt auszubauen, kommt man aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Gesichtsmuskelkater ist da vorprogrammiert – gerade während der bärenstarken ersten Dreiviertelstunde, in der sich Situationskomik, Schauspielwahn und feine Dialogbeobachtung zu einer Komödienstruktur verdichten, die sich wohltuend von der sonstigen Streaming-Einerlei abhebt. Erst wenn sich der Plot im späteren Verlauf zunehmend auf die eigentliche Undercovergeschichte fokussiert, verliert “Deep Cover” etwas von seinem Biss. Eine echte Revolution ist das Amazon Original zwar nicht – aber ein kleines, in sich stimmiges Vergnügen: ein dialoglastiger Spaß auf kriminellem Terrain, getragen von einem spielfreudigen Ensemble, sicherem Taktgefühl und einem Humor, der nie nach unten tritt. Kingsleys Film mag zuweilen albern sein, aber nie blöd – und gerade weil ihm dieser Balanceakt so gut gelingt, trifft er immer den richtigen Ton.