DER WATCHDOG

Titel	Cassandra
Genre	Sci-Fi, Thriller
Jahr	2025
FSK	16
Regie	Benjamin Gutsche

Retrofuturismus made in Germany

Dystopische Zukunftsvisionen, Künstliche Intelligenzen, die sich gegen ihre Schöpfung auflehnen, futuristische “Was wäre wenn”-Szenarien  – einst frisch und erschreckend, heute eher ernüchternd und müde. Seit “Black Mirror” das Genre auf ein neues Level hob, wird die Kino- und Streaminglandschaft Scharenweise von Duplikaten überschwemmt, nach dem immergleichen Muster, während die echten Glanzlichter zunehmend rar werden. Was als faszinierendes Gedankenspiel begann, wirkt inzwischen wie ein endloser Reboot derselben Idee – und “Cassandra” erweist sich nun als der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Etwas Neues hat die deutsche Netflix Serie jedenfalls nicht zu erzählen…

Und darum geht es…

Eine Familie zieht in ein luxuriöses, aber seit Jahrzehnten verlassenes Haus, das einst als technologisches Meisterwerk gefeiert wurde. Mit ihrem Einzug erwecken sie die alte KI Cassandra zum Leben – eine einst als Haushaltshilfe konzipierte künstliche Intelligenz. Samira (Mina Tander) spürt schnell, dass mit dem System etwas nicht stimmt, doch ihr Mann David (Michael Klammer) hält ihre Sorgen für unbegründet. Während Cassandra sich zunehmend als unverzichtbarer Teil der Familie etabliert, beginnt sie, moralische und ethische Grenzen zu überschreiten. Je mehr Samira über die Vergangenheit der KI herausfindet, desto klarer wird die Bedrohung, die von ihr ausgeht. Doch Cassandra trifft längst eigene Entscheidungen – und sie duldet keinen Widerspruch.

ChatGPT, schreibe mit ein handelsübliches Sci-Fi-Skript

Eine Künstliche Intelligenz, die eine eigene, dunkle Agenda verfolgt; ein moralischer Fragenkatalog betreffend der menschlichen Abhängigkeit von Technologie und den Grenzen des vermeintlichen Fortschritts; eingebettet in ein retrofuturistisches Setting – bereits die groben Eckdaten lassen den Verdacht aufkommen, dass sich ChatGPT selbst für die ersten Drehbuchentwürfe der deutschen Sci-Fi–Serie verantwortlich zeigen könnte. Ein Verdacht, der, sollte er sich bestätigen, wirklich als eindeutiges Indiz gewertet werden kann, dass Künstliche Intelligenz in der Tat ein Quell des Unheils ist. Doch “Cassandra” lediglich mangels Innovation bei der Rahmenhandlung als Totalausfall zu deklarieren, wäre den vielen anderen ähnlich ausgerichteten Filmen und Serien, denen es gelingt, die bekannten Muster mit Leben zu füllen, gegenüber nicht fair. Die Ursachen für den Misserfolg liegen in diesem Fall nämlich deutlich tiefer.

Dass “Cassandra” selbst im Rahmen einer “Black Mirror”-Folge inhaltlich kaum spannende Impulse gesetzt hätte, ist die eine Sache – die oberflächlich vorgetragene Mysterygeschichte im Rahmen eines halbgar erzählten Familiendramas wiegt da deutlich schwerer. Denn wie so oft bei Produktionen made in Germany, stolpert auch “Cassandra” permanent über ein Minenfeld aus unnatürlichen Dialoge und hölzernen Interaktionen. Ob da gerade ein Familienmitglied aus Fleisch und Blut spricht, oder ein KI-basierter Roboter, lässt sich mit geschlossenen Augen kaum unterscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Ausgangslage des sechsteiligen Netflix Original von Anfang an nie schlüssig anfühlt. Wie die vierköpfige Familie das erste, bereits 50 Jahre alte Smarthome, in der Wirklichkeit angesiedelt, also nicht in einer Parallelwelt, mit anderen technischen Standards, akzeptiert und als gegeben annimmt, steht der Logik von Anfang an im Weg – daran ändert auch die spätere Erklärung nichts ändert. Was dann noch bleibt, ist eigentlich nur der punktuell stimmig inszenierte Look, wenngleich die klapprige Präsenz der titelgebenden Antagonistin kaum bedrohlicher als die eines Rasenmähroboter ist.

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