DER WATCHDOG

Titel	Nightbitch
Genre	Komödie, Horror
Jahr	2024
FSK	ungeprüft
Regie	Marielle Heller

Vorsicht bissig! Amy Adams wird zum Tier

Horror hat schon immer, mal subtiler, mal direkter, den aktuellen Zustand der Gesellschaft widergespiegelt. Angesichts der derzeitigen politischen Lage ist es kaum verwunderlich, dass das Bild der Frau und ihr Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper immer wieder im Zentrum des Genres steht. Besonders in diesem Jahr – in religiösem Horror wie „Das erste Omen“ und „Immaculate“, Bodyhorror wie „The Substance“ oder im psychologischen Horror wie „Des Teufels Bad“. In der Buchverfilmung „Nightbitch“ widmet sich Marielle Heller dem komplexen Thema der Mutterschaft und verwandelt es in eine skurrile Horrorkomödie mit Oscar-Preisträgerin Amy Adams in der Hauptrolle.

Und darum geht es…

Eine Frau (Amy Adams) fühlt sich in ihrem eintönigen Alltag als Mutter gefangen und sehnt sich zurück ins Berufsleben. Ihr Sohn (Arleigh und Emmett Snowden) bringt sie trotz aller Liebe oft an ihre Grenzen, und ihr Ehemann (Scoot McNairy) ist ständig abwesend. Als sie eines Tages bemerkt, dass ihr am unteren Rücken Fell wächst und ihr Geruchssinn plötzlich ungewöhnlich stark ist, beginnt sie zu glauben, dass sie sich in einen Hund verwandelt und ihre animalischen Instinkte übernehmen zunehmend die Kontrolle.

Mit viel Gebell zu den Oscars?

Während „The Substance“ dieses Jahr auf skurrile Weise Schönheitsideale und Altersdiskriminierung in Hollywood kritisierte, bietet „Nightbitch“ das passende Gegenstück, indem es die Herausforderungen des Mutterseins beleuchtet. Regisseurin und Drehbuchautorin Marielle Heller geht dabei ebenfalls wenig subtil vor und hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, indem sie die Zuschauer mit den inneren Dialogen der Hauptfigur konfrontiert. Sie verdeutlicht, wie unausgeglichen die Elternschaft zwischen den Geschlechtern oft ist und wie Frauen ihre eigene Identität opfern, um als „perfekte“ Mutter zu gelten – stets dem Druck und der Kritik der Außenwelt ausgesetzt. Heller trifft den Kern dieser Problematik, wirkt dabei aber gelegentlich so direkt, dass es fast plump und aufgesetzt erscheint. Die Botschaft kommt durch die Bildsprache oft prägnanter rüber als durch die Dialoge. Die Schwierigkeiten der Mutterschaft werden hier nicht zum ersten Mal beleuchtet, oft kommen Erinnerungen an beispielsweise „Desperate Housewives“ hoch, doch „Nightbitch“ schafft es direkt zu Beginn durch rasant geschnittene Szenen des monotonen Alltags einer Mutter ein Gefühl von überwältigendem Stress zu vermitteln, der auch die Zuschauer mitreißt.

Heller untermalt die ernste Thematik gekonnt mit einer Menge trockenen Humor, der meist gut funktioniert und „Nightbitch“ trotz der bizarren Prämisse für ein breites Publikum zugänglich macht, insbesondere für Eltern, die sich in manchen Situationen wiederfinden. Tatsächlich versagt die Buchverfilmung am ehesten, wenn sie in Richtung Fantasy-Horror abdriftet. Die Verwandlungen in einen Hund und die gelegentlichen Farbwechsel der Augen wirken mitunter albern und erinnern eher an Filme wie „Twilight“. Zudem gibt sich Heller der skurrilen Prämisse nie so richtig hin und bleibt weitestgehend konventionell. Hier hätte man ruhig mutiger und verrückter sein können. Lediglich der Bodyhorror haut richtig rein und bietet Szenen, bei denen selbst hartgesottenen Horrorfans übel werden könnte – und das ganz ohne Blut, dafür mit anderen Körperflüssigkeiten. Amy Adams ist nicht ohne Grund im Gespräch für eine Oscarnominierung – ihre Darstellung der namenlosen Hauptfigur ist sensationell, und sie wechselt gekonnt zwischen schwarzem Humor und intensiven Gefühlsausbrüchen. Die Zwillinge Arleigh und Emmett Snowden sind als Sohn ganz zauberhaft, was den Punkt des Films nochmal perfekt unterstreicht: Mutter sein ist hart, ganz gleich, wie süß das eigene Kind auch ist.

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