Appendage (2023) – Kritik

TitelAppendage
Genre Horror
Jahr2023
FSK16
RegieAnna Zlokovic

Starttermin: 18.10.2023 / Disney+

Selbsthass ist ein ekelhaftes Geschwür!

Wer kennt sie nicht, diese innere Stimme, ein fieses, gehässiges Fisteln, das die eigenen Fähigkeiten und Erfolge infrage stellt und Zwietracht in der bis dato aufgeräumten Gedankenwelt sät. So etwas kann selbst das aufgeräumteste Oberstübchen schon einmal auf den Kopf stellen und in ein unübersichtliches Gefühlschaos stürzen. Herausschneiden sollte man es. Herausschneiden und in einem Loch im Garten, tief in der Erde, unter einer meterdicken Schicht aus Dreck und Schlamm verscharren und nie wieder auch nur einen Gedanken daran verschwenden. Wenn das nur so einfach wäre…! Das denkt sich auch Hannah, die sich in “Appendage” plötzlich ihren Selbstzweifeln in Form eines ekligen Parasiten gegenüber sieht, der, allen Bemühungen zum Trotz, wohl immer ein Teil von ihr zu bleiben droht.

Appendage ©Hulu

Und darum geht es…

Hannah (Hadley Robinson) ist gut in ihrem Job. Ausgesprochen gut sogar. Die Beziehung mit ihrem Freund Kaelin (Brandon Mychal Smith) ist zwar noch frisch, aber fühlt sich schon verdammt richtig an und mit ihrer besten Freundin Esther (Kausar Mohammed) hat sie eine weitere aufrichtige Bezugsperson an ihrer Seite, mit der sie über alles reden kann. Eigentlich geht es der jungen Modedesignerin blendend und doch macht ihr das Verhalten ihres abweisenden, niemals zufriedenen und immer nörgelnden Chefs Cristean (Desmin Borges) das Leben unnötig schwer. Mit den aufkommenden Zweifeln an ihrem Können und dem Gefühl, niemals gut genug zu sein, beginnt sich Hannah auch körperlich zu verändern. Es scheint fast so als würde sich ihr gebündelter Selbstzweifel einen Weg raus aus ihrem Inneren bahnen, um dort ein Eigenleben zu führen – ernährt von Hannahs finsteren Gedanken.

Appendage ©Hulu

Kafka-esker Bodyhorror

Jeder Mensch hat eine hässliche Seite, das ist unbestreitbar. In “Appendage” manifestiert sich diese in einem zunächst hilflos wirkenden bizarren Geschöpf, dass sich, herausgewachsen aus seiner Wirtin, zwar körperlich abnabelt, mental jedoch weiter verbunden von deren Selbstzweifeln und Ängsten nährt – so lange bis nichts mehr von ihr übrig ist. Wer also eine Affinität für bildsprachlichen Horror hegt, ist mit dem exklusiv auf Disney+ verfügbaren Genrefilm genau an der richtigen Adresse. Dass sich die schier grenzenlosen Möglichkeiten des Bodyhorrors, mit all den grotesken Metamorphosen und körperlichen Auswüchsen, förmlich aufdrängen, wenn es darum geht mentalen Probleme ein Gesicht zu verleihen, hat das finnische Coming-of-Age-Horror-Flick “Hatching” bereits im vergangenen Jahr gezeigt – und Kafka selbstverständlich schon vor mehr als 100 Jahren.

Appendage ©Hulu

Hannahs Pfad der Erkenntnis hin zur Akzeptanz des Selbstzweifels, als ein Teil des Lebens, ist gesäumt mit teils gewollt absurd-skurrilen praktischen Effekten, die nicht selten an die schrulligen Animatronics der deutschen Indie-Überraschung “Der Nachtmahr“ oder eben die des bereits genannten “Hatching” erinnern. Drehbuchautorin und Regisseurin Anna Zlokovic fügt die sich dadurch entstehenden humoristischen Einschläge schlüssig in ihre Vision einer genreübergreifenden Horror-Groteske ein. Schrecken und Komik gehen Hand in Hand und bilden letztlich eine heterogene Symbiose, die der von Hannah und ihrer scheußlichen Ausgeburt gar nicht so unähnlich ist. Wäre da nicht der letzte, sich doch noch dem Mainstream anbiedernde Akt, der nach den bis dato eigenwilligen Minuten deutlich abflacht, hätte “Appendage” das Zeug zum nächsten ganz großen Horror-Hit – so bleibt es wohl “nur” bei einem kleinen, aber immer noch einem Hit!

Appendage ©Hulu

Fazit

Die eigenwillige Horror-Groteske bringt frischen Wind in das angestaubte Genre!

Bewertung: 3.5 von 5.

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