Zwischen all den hoch budgetierten Blockbuster und preisgekrönten Autorenfilmen ist es beinahe unmöglich, den Blick für echte kleine Film-Perlen offenzuhalten. Umso erfreulicher ist es, wenn ein unscheinbarer Fernsehfilm wie das französische Coming-Of-Age Drama „Unschuld und Verlangen“ wie aus dem Nichts erscheint und dabei einen Großteil der im Mainstream etablierten Filme mit spielerischer Leichtigkeit überstrahlt. Diesen Film muss man gesehen haben!

Handlung
Als wären die eigenen körperlichen Veränderungen und das Entdecken neuer Gefühle und Neigungen nicht schon schwer genug, muss die 15-jährigen Solange dazu noch mit ansehen, wie die Ehe ihrer Eltern den Bach hinuntergeht und infolgedessen den Großteil ihrer Probleme selbst verarbeiten. Ihr gutmütiger Nachbar, der doppelt so alte Guillaume, bleibt ihr als einzige Bezugsperson und emotionaler Anker im Leben, während ihre Eltern nur noch mit Abwesenheit glänzen. Zwischen der ersten großen Liebe und Streitigkeiten mit ihren Freundinnen muss Solange feststellen, was es bedeutet, erwachsen zu werden.

Kritik
Als Teenager hat die Zeit noch eine andere Bedeutung als als Erwachsener. Momente können sich anfühlen wie eine Ewigkeit und ein einziger Tag Sommer reicht schon aus, um ein komplett anderer Mensch zu werden. Die 15-jährige Solange muss in wenigen sommerlichen Monaten am eigenen Körper spüren, was es bedeutet, erwachsen zu werden. Allein gelassen von elterlichen Bezugspersonen durchlebt sie eine aufwühlende Zeit des sexuellen Erwachens, der Orientierungslosigkeit und der Erkenntnis, was es bedeutet, als Frau wahrgenommen zu werden.

Rodolphe Tissot gelingt es, die volle Bandbreite an konfusen Emotionen, die die Adoleszenz mit sich bringt, auf die Leinwand zu projizieren und nimmt das Publikum mit in auf eine authentische Reise durch die chaotische Gefühlswelt einer heranwachsenden Frau. „Unschuld und Verlangen“ besticht dabei mit einer gehörigen Portion Mut und Ehrlichkeit und scheut nicht davor zurück, Tabus zu durchbrechen und Grenzen auszureizen. Louisiane Gouverneur ist eine Wucht. Die schauspielerische Neuentdeckung verkörpert die verletzliche Solange mit einer ansteckenden Hingabe und füllt ihr komplexes Wesen mit facettenreichen Emotionen und authentischer Natürlichkeit. Selten war eine Coming-Of-Age Geschichte so kraftvoll, emotional und gleichzeitig zurückhaltend nüchtern.

Fazit
Der Coming-Of-Age Film des Jahres!
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