| Titel | Merv |
| Genre | Komödie, Romanze |
| Jahr | 2025 |
| FSK | 6 |
| Regie | Jessica Swale |
Starttermin: 10.12.2025 | Prime Video
Trennung auf vier Pfoten
Eine Trennung betrifft nicht nur zwei Menschen, sondern auch das Leben, das sie bisher miteinander geteilt haben. Während die Erinnerung noch warm nachhallt und man versucht, das Verblasste zu ordnen, wächst im Hintergrund bereits ein Berg aus Entscheidungen, der sich nicht vertagen lässt. Wer bleibt, wer geht? Wohin mit dem Raum, den man einmal geteilt hat, mit Möbeln, die plötzlich zu Zeugen eines früheren „Wir“ werden, mit Pflichten, die stumm weiterlaufen, als sei nichts geschehen? Und mitten in all dieser nüchternen Bürokratie steht ein Lebewesen, das keine Formulare kennt, nur Bindung: der gemeinsame Hund – jener weiche, verletzliche Punkt, der die Trennung erst recht zur Zerreißprobe macht. Mit einem liebevollen Blick auf die besondere Bindung zwischen Mensch und Tier nimmt das Amazon Original „Merv“ auf charmante und rührende Weise die Geschichte eines Vierbeiners auf, der mitten im Trennungswirrwarr zum emotionalen Anker wird.

Ein Hund im Trennungs-Chaos: „Merv“ erzählt von Anna (Zooey Deschanel) und Russ (Charlie Cox), die sich getrennt haben – und doch durch ihren Hund unfreiwillig verbunden bleiben. Merv reagiert sensibel auf die neue Situation, zieht sich zurück, wirkt bedrückt, fast schon depressiv. Sein Verhalten ist schließlich der Auslöser, der Russ dazu bringt, Abstand zu suchen – für den Hund, aber auch für sich selbst. Er nimmt Merv mit nach Florida, in der Hoffnung, Sonne und Abwechslung könnten die verstörte Seele des Vierbeiners wieder sortieren. Anna folgt ihnen kurz darauf, weniger geplant als intuitiv, als wüsste sie selbst nicht recht, ob sie dem Hund oder ihrer eigenen Unruhe hinterherreist. Was als Erholungstrip für das Tier gedacht war, entwickelt sich zu einer zarten, gelegentlich schmerzhaften Reise durch das, was von einer Beziehung übrig bleibt – und wohin sie sich bewegen könnte.

Hundeliebe statt Liebesdrama
Für Menschen ohne Hund wirkt vieles, was „Merv“ zeigt, vermutlich wie die überdrehteste Variante eines ohnehin schon ausgereizten Lifestyle-Trends: Hunde-Yoga, Hunde-Restaurants, Hunde-Hotels und – warum auch nicht – mehrstöckige Hunde-Torten, die dem Wort Hundekuchen endlich gerecht werden. Ja, Hundebesitzer*innen sind mitunter seltsame Geschöpfe. Aber sie lieben ihre Fellnasen und das mit einer inbrünstigen Ernsthaftigkeit – egal wie sehr es Außenstehende irritiert. Wer einmal erlebt hat, welche Tiefe diese Bindung erreichen kann, wird kaum darüber lachen und sich stattdessen genau darin wiederfinden, weil er weiß, wie tief und selbstverständlich diese Liebe zu einem Hund gehen kann. Es wirkt fast trotzig, wenn behauptet wird, Hunde könnten keine Kinder ersetzen. Vielleicht sollte man es umdrehen: Wer braucht ein Kind, wenn er einen Hund hat? Der Watchdog – nomen est omen – hat naturgemäß ein Herz für solche Geschichten. Entsprechend groß ist die Freude über die Genauigkeit, mit der das Amazon Original die Beziehung zwischen Mensch und Tier einfängt. „Merv“ versteht die Zwischentöne: die stummen Gespräche der Blicke, die selbstverständliche Nähe, die Verunsicherung eines Hundes, wenn die Welt plötzlich anders riecht, anders klingt, anders funktioniert. All das führt zu warmen, unsentimentalen Momenten, voller Empathie und Verständnis, die durch ihre natürliche Zurückhaltung stets menschlich wirken – und ja, ein kleines Tränchen lässt sich kaum vermeiden. „Merv“ interessiert sich wirklich für seine tierischen Protagonisten, und er nimmt die Menschen an ihrer Seite ernst. Nur gelingt Letzteres nicht durchgehend mit derselben Sicherheit.

Erst wenn „Merv“ nach etwa einer Stunde zunehmend in die vertrauten Muster der RomCom gleitet, verliert die Erzählung an Kraft. Die Hund-Mensch-Dynamik, das eigentliche Herz des Films, tritt in den Hintergrund; an ihre Stelle treten konventionelle Szenen, die man in dieser Klarheit nicht gebraucht hätte. Die Chemie zwischen Zooey Deschanel („Der Ja-Sager“) und Charlie Cox („Daredevil“) bleibt freundlich, charmant, professionell – aber sie erreicht nie die Tiefe des Zusammenspiels zwischen Mensch und Hund. Es wirkt, als schiele die Geschichte plötzlich nach altbekannten Bahnen, statt mutig bei dem zu bleiben, was sie zu Beginn so besonders machte. Ein charmantes kleines Detail bleibt jedoch die deutsche Synchronisation: Tim Knauer spricht Charlie Cox – jene Stimme, die viele bereits als die deutsche Stimme von Jake Johnson („Self Reliance“) an der Seite von Zooey Deschanel aus „New Girl“ kennen. Da Cox und Johnson auch optisch problemlos als Bruder durchgehen könnten, entsteht für Fans ein irritierendes Déjà-vu, das dem Paar Anna und Russ mehr Funken gibt, als die Inszenierung allein hervorruft. Eine hübsche Fußnote, und doch mindert sie nicht die Enttäuschung darüber, dass die wirklich berührenden Elemente – die emotionale Logik des Hundes, sein Empfinden, sein Platz zwischen zwei Menschen, die sich auseinander bewegen – zum Ende hin aus dem Zentrum verschwinden. Stattdessen steuert „Merv“ auf ein obligatorisches Rom-Com-Finale zu. Ein standardisierter Abschluss, der der Empathie und der Tiefe, die der Film anfangs so eindrucksvoll entfaltet, nicht gerecht wird. Denn die wahre Emotionalität des Amazon Originals liegt nicht bei den Menschen. Sie gehört dem Hund.

Fazit
„Merv“ fängt die liebevolle Verbindung zwischen Mensch und Hund auf wunderbare Weise ein. Humor, Nähe und ein feines Gespür für diese Beziehung tragen die Geschichte – auch wenn die vorhersehbare RomCom-Struktur die sonst so authentische Wärme gelegentlich abschwächt.


