| Titel | Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius |
| Genre | Sport, Biopic |
| Jahr | 2025 |
| FSK | 6 |
| Regie | Can Ulkay |
Starttermin: 14.11.2025 | Netflix
Mehr als ein Name, mehr als ein Spiel
Sie laufen los, bevor die Sonne aufgeht. Ihre Schritte dröhnen in der Stille der leeren Straßen, jeder Atemzug brennt. Sportbiopics fangen diesen Herzschlag ein. Nicht nur Gold, Pokale oder Rekorde zählen – sondern die blauen Flecken, die Zweifel, das stille Ringen mit sich selbst. Wir sehen endlose Trainingsmontagen, Siege, die plötzlich bedeutungslos wirken, Niederlagen, die den Boden unter den Füßen wegziehen – und dazwischen die flüchtigen Momente von Menschlichkeit: ein zweifelnder Blick in den Spiegel, perlende Schweißtropfen auf der Stirn, ein gekauftes Lächeln, das Angst versteckt. Das Genre lebt vom Aufstieg und Fall, vom Schmerz, der sich in Triumph verwandelt, von Menschen, die alles geben, oft mehr als sie selbst begreifen. Netflix‘ „Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius“ reiht sich da nahtlos ein – doch reichen die vertrauten Tropen alleine aus, um aus bekannten Motiven eine packende Erzählung zu formen?

Man kennt Lefter Küçükandonyadis außerhalb der Türkei kaum. Und doch liest sich seine Geschichte wie geschrieben, um erzählt zu werden: Geboren 1925 in Istanbul als Sohn einer griechischen Minderheit, musste er sich auf und neben dem Spielfeld behaupten. Ein Spieler, der brillierte, der aufstieg, Rückschläge erlebte, Siege feierte – und gleichzeitig gegen Vorurteile kämpfte, die seine Herkunft ihm auferlegte. Auf dem Papier klingt es nach Sport, nach Drama, nach einem Leben, das nach einer Kamera verlangt, nach einer Geschichte, die größer ist als Fußball allein. Im Kern bleibt „Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius“ ein klassisches Biopic – es erzählt nach bekannten Mustern, setzt auf vorhersehbare Dramaturgie und auf Helden, die mehr Symbol als Mensch sind. Die Figur wird stilisiert, Konflikte zugespitzt, Gegenspieler vereinfacht; das Leben reduziert auf eine Abfolge von Prüfungen, die am Ende zu moralischen Lektionen führen – und genau darin liegt die Ambivalenz.

Wenn abseits des Spielfelds der eigentliche Kampf beginnt
Die Inszenierung von „Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius“ vermittelt eine glatte, leicht konsumierbare Geschichte, während die Komplexität von Lefters Alltag, seiner Minderheitenidentität und seines kulturellen Umfelds oft nur angedeutet wird. Und dennoch ist die Botschaft hinter den strahlenden Scheinwerfern der Fußballstadien aktuell: Vorurteile und Rassismus verschwinden nicht, nur weil ein Film sie ungelenk an den Pranger stellt. Stadiongesänge, die Minderheiten diffamieren, hallen noch immer durch Stadien in Deutschland, in der Türkei, weltweit. Lefters Geschichte zeigt, dass Anerkennung und Respekt auf und neben dem Feld keine Selbstverständlichkeit sind – und dass die filmische Darstellung eines Helden die Realität dahinter selten ganz einfangen kann. Zumindest nicht, wenn sich das Skript in offensichtlichen Plattitüden verliert und seine wenigen ehrlichen Momente in Kitsch und Klischees ersäuft.

Die Melodramatik, die sich durch die Erzählstränge von „Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius“ zieht, hinterlässt einen säuerlichen Nachgeschmack. Familiäre Probleme, gesellschaftlicher Druck, Liebe, Verlangen – alles wird mit großen Gesten vollgekleistert und dadurch emotional entleert. Mehr und mehr driftet der Film in die Breite einer ausladenden Seifenoper ab, angesiedelt im vertrauten Kosmos des Fußballs, ohne dessen innere Wucht wirklich zu nutzen. Auch inszenatorisch bleibt der Eindruck zwiespältig. Die Fußballsequenzen sind solide gefilmt, rhythmisch, klar gebaut, doch ohne besondere Handschrift. Sie verleihen „Lefter: Die Geschichte der Fußballlegende Ordinarius“ immerhin kurzzeitig Esprit, jedoch ohne nachhaltige Wirkung. Abseits des Platzes dominiert hingegen ein überdeutliches Erzählen: Dialoge, die sagen, was Bilder zeigen sollten; Symbolik, die betont, was subtil sein könnte. Das Ergebnis ist ein Film, der sich ständig selbst sichert – und dadurch seine eigentliche Schärfe konsequent abschleift.

Fazit
Ein ambitioniertes Biopic, das wichtige Themen streift, jedoch in melodramatischer Überzeichnung versinkt. Am Ende bleibt eine behäbige Seifenoper im Fußballkosmos, der Mut und erzählerische Tiefe fehlen.


