The Beast in Me: Kritik zur Netflix Serie – Ein psychologisches Katz-und-Maus-Spiel

The Beast in Me Netflix Serie 2025
TitelThe Beast in Me
Genre Thriller, Drama
Jahr2025
FSK16
CreatorGabe Rotter

Starttermin: 13.11.2025 | Netflix

Auf gute Nachbarschaft

Manchmal reicht ein Blick über den Gartenzaun, um die Welt ins Wanken zu bringen. Hinter gepflegten Hecken, pastellfarbenen Fassaden und perfekt geschnittenen Rasenflächen lauert oft das, was man am wenigsten erwartet. Die Nachbarn, die man grüßt, könnten Geheimnisse hüten, die niemand erahnt – das wusste schon „Das Fenster zum Hof“ von Alfred Hitchcock. In der modernen Neuinterpretation des Stoffs geschah dies nicht weniger beunruhigend, als in „Disturbia“ ein Hausarrest dem jungen Protagonisten gerade genug Raum gab, um den Albtraum nebenan zu erkennen. Was passiert, wenn aus reiner Beobachtung echte Zuneigung und sogar Freundschaft wird, zeigte dann „The Good Neighbor“ von Stephan Rick: Aus Neugier, Interesse und Sehnsucht nach Menschlichkeit entstand dort eine nachbarschaftliche Verbindung, die zunächst harmlos wirkt – doch schon bald die Grenze zwischen Vertrauen und Täuschung verschwimmen ließ. Die Idee war spannend, die Umsetzung nicht gerade überzeugend – aber sie machte deutlich, wie zerbrechlich dieses Gleichgewicht sein kann. In welche Kerbe da wohl „The Beast in Me“ auf Netflix schlägt?

The Beast in Me Netflix Serie 2025
The Beast in Me ©Netflix

Nach dem Tod ihres Sohnes hat sich die einst gefeierte Schriftstellerin Aggie Wiggs (Claire Danes) vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. In einem wohlhabenden Vorort auf Long Island versucht sie, in Zurückhaltung und Schweigen Halt zu finden – doch ihre Schreibblockade wird zur Qual, ihr Alltag zur stummen Wiederholung von Verlust und Trauer. Als in das Nachbarhaus der charismatische, aber rätselhafte Nile Jarvis (Matthew Rhys) einzieht, beginnt sich Aggies Welt zu verschieben. Jarvis ist ein einflussreicher Immobilienentwickler, um den sich seit Jahren ein hartnäckiges Gerücht rankt: Seine Frau ist spurlos verschwunden, und er selbst steht unter dem Verdacht, in ihr Verschwinden verwickelt zu sein. Die Öffentlichkeit munkelt Mord, doch die Beweise bleiben aus. Für Aggie wird er schnell zum Beobachtungsobjekt – eine mögliche Inspiration für ein neues Buch. Doch aus Neugier wird Obsession. Zwischen den beiden entsteht ein intensives, unberechenbares Spiel aus Vertrauen und Manipulation. Und je tiefer Aggie in Niles Vergangenheit eintaucht, desto deutlicher wird, dass hinter der gepflegten Fassade nichts so ist, wie es scheint.

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Resonanzen zwischen Nähe und Täuschung

Das Motiv der Nachbarschaft als Bühne der Projektion ist nicht neu – doch „The Beast in Me“ findet darin eine angenehm nuancierte Perspektive. Hier wissen die Figuren alles voneinander, zumindest das, was die Öffentlichkeit zu wissen glaubt. Aggie Wiggs ist die gefeierte Schriftstellerin, deren Trauer längst zum Gegenstand des sozialen Mikrokosmos ihres Ortes geworden ist Nile Jarvis wiederum trägt das Stigma eines Mannes, dessen Name untrennbar mit dem Verschwinden seiner Frau verknüpft bleibt. Beide leben Seite an Seite, verbunden durch ein öffentliches Bild, das sie längst nicht mehr kontrollieren. So entsteht eine beklemmende Form von Nähe: Vertrautheit ohne Intimität, Wissen ohne Wahrheit. Schon in den ersten Szenen liegt eine surreale Spannung über dieser Fassade. Noch bevor das erste Unbehagen sich konkretisiert, ist spürbar, dass hier etwas nicht stimmt – ein leises, vibrierendes Zittern durchzieht die Atmosphäre. Der Score arbeitet mit knarzenden und flirrenden Klängen, die sich wie akustische Schatten durch die Szenen ziehen. Sie klingen, als entstammten sie der Innenwelt der Figuren selbst – Resonanzen von Angst, Schuld und wachsender Paranoia. Jede dissonante Note verschiebt eine unsichtbare Linie, jede vibrierende Spur lässt die Realität brüchiger erscheinen. Der Soundtrack wird so zum inneren Puls der Serie – ein unruhiger Herzschlag, der die Risse in der Oberfläche hörbar macht.

The Beast in Me Netflix Serie 2025
The Beast in Me ©Netflix

Getragen wird diese fragile Spannung von einem Ensemble, das mit Präzision und emotionaler Kontrolle agiert. Claire Danes spielt Aggie Wiggs als Frau, die in ihrer eigenen Stille gefangen ist, als müsse sie das Chaos in sich durch ritualisierte Ruhe bändigen. Ihre Verletzlichkeit ist nie plakativ, sondern zeigt sich in den Zwischentönen, im Zittern der Stimme, im Ausweichen des Blicks. Matthew Rhys gegenüber verleiht Nile Jarvis jene magnetische Ambivalenz, die ihn zugleich anziehend und unheimlich macht. Sein Lächeln wirkt aufrichtig, bis man es zu lange betrachtet – dann kippt es. Zwischen beiden entsteht ein Spiel aus Nähe und Misstrauen, das die Serie am überzeugendsten macht, wenn sie bei ihnen bleibt. Die Kamera beobachtet geduldig, fast beklemmend still, wie zwei Menschen sich einander nähern und doch in ihren Rollen gefangen bleiben. Wenn die Handlung diese Intimität verlässt, wenn sie sich in äußeren Spannungsmomenten oder Nebenfiguren verliert, verliert „The Beast in Me“ an Fokus. Doch in ihren stärksten Momenten zeigt sich, wie dünn die Trennlinie ist zwischen Wahrheit und Selbstinszenierung.

The Beast in Me Netflix Serie 2025
The Beast in Me ©Netflix

Fazit

„The Beast in Me“ gelingt es, die fragile Spannung des sozialen Mikrokosmos einer Nachbarschaft auf den Punkt zu bringen, in der Geheimnisse, Beobachtung und unterschwellige Bedrohung dicht nebeneinander existieren.

(ohne Wertung / Fazit nach zwei Episoden)

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