| Titel | Frankenstein |
| Genre | Horror, Fantasy |
| Jahr | 2025 |
| FSK | 16 |
| Regie | Guillermo del Toro |
Starttermin: 07.11.2025 | Netflix
Kultmonster reloaded: Del Toros Frankenstein
Victor Frankenstein ist ein Mann, der den Tod nicht akzeptieren will. Getrieben von Verlust, von unbändiger Neugier, formt er Leben – ein Wesen aus Narben, aus zusammengesetzten Teilen, ein Kind seiner eigenen Hybris. Kaum geboren, wird die Kreatur abgelehnt, ausgestoßen von dem, der sie ins Dasein rief. Jeder kennt diesen Stoff – seit Mary Shelleys „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ (1818) hat die Geschichte unzählige Gestalten angenommen. Manche Adaptionen blieben dem Original treu, wie Kenneth Branaghs Film von 1994, der die Obsession des Schöpfers und die moralischen Dilemmata mit großer Genauigkeit nachzeichnete. Andere nahmen den Mythos als Ausgangspunkt und betteten ihn in völlig neue Erzählungen ein, wie „Poor Things“ (2023), in dem Yorgos Lanthimos die zentralen Motive – Wiederbelebung, Hybris, Selbstermächtigung – in ein modernes, stilistisch eigenständiges Narrativ überführte, kühn, verspielt und unverbraucht.

Für Netflix bringt Guillermo del Toro („Pinocchio“) dem Mythos von „Frankenstein“ neues Leben – leise, düster, menschlich. Doch er erzählt nicht vom Monster, sondern vom Menschen dahinter: von einem Wesen, das Narben trägt wie Erinnerungen, Sehnsucht wie Schuld, geboren aus der Verzweiflung seines Schöpfers. Del Toros Victor Frankenstein, verkörpert von Oscar Isaac („Ex Machina“), ist ein Mann, der an seiner eigenen Trauer zerbricht und sie in Schöpfungswut verwandelt. Getrieben vom Wunsch, den Tod zu besiegen, wagt er das Unaussprechliche: Er erschafft in der Einsamkeit seines Labors eine Kreatur, von Jacob Elordi („Saltburn“) verkörpert, zusammengesetzt aus den Überresten der Toten, durchzuckt von Elektrizität und von Schuld. Kaum geboren, erfährt sie Ablehnung. Der Schöpfer flieht, das Geschöpf bleibt – ein Spiegel jener Leere, aus der es hervorging, und zugleich ein Mahnmal der Hybris.

Del Toros Versuch, das Monumentale zu fassen
Jede Geschichte hat zwei Seiten – und Guillermo del Toro interessiert sich für beide. Für den Schöpfer und für das Geschöpf, für den Blick von oben und den von unten, für den Menschen, der Gott spielt, und den, der unter seiner Hand entsteht. Doch anstatt Shelleys Erzählung einfach neu zu bebildern, sucht Del Toro nach einem anderen Zugang: nach einem Spiegel, in dem sich Schuld, Einsamkeit und Sehnsucht überlagern. Die Ambitionen sind spürbar, beinahe greifbar. Nur bleibt die Erzählung immer ein wenig unter der Oberfläche, als würde er das eigene Gewicht scheuen. „Frankenstein“ will vieles sein – Tragödie, unerfüllte Liebesgeschichte, Schöpfungsdrama, ethische Reflexion. Del Toro öffnet all diese Türen, schreitet aber durch keine ganz hindurch. Was entsteht, ist ein Werk von großer Liebe fürs Details, aber begrenzter Wucht. Es ist schön anzusehen, durchdacht in jeder Bewegung, getragen von einem Cast, der sich dem Pathos nie ganz ergibt. Doch die emotionale Tiefe, das philosophische Fundament, die existenzielle Erschütterung – sie bleiben Skizzen.

Immer wieder verliert sich „Frankenstein“ in visuell aufwendigen, aber leblosen Momenten: künstliches CGI, glatte Flächen, Actionsequenzen, die an Superhelden-Ästhetik erinnern. Für einen Regisseur, der den Horror stets als Metapher verstand, ist das nicht überraschend. So bleibt Del Toro bleibt dem einerseits Genre treu, aber er meidet seinen Kern. Wo früher das Unheimliche eine Form der Schönheit fand, bleibt hier eine gewisse Leere. Und anders als in „Crimson Peak“ entfaltet sich aus dieser Dunkelheit kein rauschhaftes Gothic-Märchen, sondern eher ein opulentes Schauspiel über Verlust und Verantwortung. Somit bleibt ein Film, der über zweieinhalb Stunden durchweg unterhält – mit mal schönen, mal überladenen Bildern, mit einem Auge für Detail und einer spürbaren Zuneigung zum Stoff. Doch „Frankenstein“ berührt selten und erschüttert nie. Del Toro versucht, das Monumentale zu fassen – und bleibt im Erhabenen stecken. Was bleibt, ist ein handwerklich makelloser, emotional halber Film: zu groß, um belanglos zu sein, und zu vorsichtig, um wirklich groß zu werden.

Fazit
Del Toros „Frankenstein“ verzaubert mit Bildern und Detailverliebtheit, unterhält über zweieinhalb Stunden – doch die tiefen Emotionen und die wahre Tragik bleiben flüchtig.


