DER WATCHDOG

Titel	Hush – Still
Genre	Horror, Thriller
Jahr	2016
FSK	16
Regie	Mike Flanagan

In der Stille lauert die Gefahr

Physische Medien sind für die einen ein Relikt aus der Jugend, das in Zeiten des Streamings überflüssig wirkt, für Sammler jedoch nach wie vor ein geschätztes Medium, um ihre Lieblingsfilme und –serien unabhängig vom Internet immer wieder genießen zu können, oft inklusive umfangreichem Bonusmaterial. Gerade in jüngster Zeit, in der das Vertrauen in Netflix & Co. zunehmend schwindet – durch steigende Kosten und das Entfernen beliebter Titel – erfahren Blu-rays und DVDs wieder wachsende Wertschätzung. Ein Paradebeispiel dafür, warum physische Medien noch immer relevant sind, ist Mike Flanagans „Hush – Still“. Der Horrorthriller wurde 2016 exklusiv auf Netflix veröffentlicht, allerdings nur mit einer siebenjährigen Lizenz, und verschwand danach spurlos vom Streaminggiganten.

„Hush – Still“ entwickelte sich rasch zum Publikumshit und Kritikerliebling, und sein plötzliches Verschwinden enttäuschte vor allem Horrorfans, die lautstark nach einem alternativen Release verlangten. Gesagt, getan: Zunächst erschien der Film auf anderen digitalen Plattformen, ehe in den USA eine physische Version folgte. Nun zieht Lighthouse Home Entertainment nach und veröffentlicht den Mike-Flanagan-Film in Deutschland zunächst auf DVD und Blu-ray, einen Monat später auch in 4K. Der Film erzählt die Geschichte der taubstummen Autorin Maddie (Kate Siegel), die in einem abgelegenen Haus im Wald lebt. In der näheren Umgebung wohnen lediglich ihre Nachbarn Sarah (Samantha Sloyan) und John (Michael Trucco). Doch eines Nachts spürt Maddie, dass sie nicht allein ist: Ein maskierter Killer (John Gallagher Jr.) hat es auf sie abgesehen, und es entbrennt ein perfides Katz-und-Maus-Spiel.

Ihre Welt ist still. Sein Spiel ist grausam

Manchmal sind die simpelsten Geschichten die unheimlichsten. Jene, die unsere Urängste ansprechen, die uns schon in der Kindheit prägen und im Erwachsenenalter nicht mehr loslassen. Was, wenn ich nicht allein in meinem Zuhause bin? Wenn jemand unbemerkt eindringt und plötzlich mit Maske und Messer vor mir steht? Ein Szenario, dass keineswegs unrealistisch ist. Und gerade deshalb so effektiv im Horrorgenre funktioniert, dass es mit dem „Home Invasion“-Film ein eigenes Subgenre hervorgebracht hat. Mike Flanagan hat mit „Hush – Still“ einen der besten modernen Vertreter dieses Subgenres geschaffen. In seinen späteren Projekten wie „The Haunting of Hill House“ gelingt es ihm, Horror stets mit einer emotionalen Tiefe zu verbinden. Auch wenn „Hush – Still“ stärker von seiner Simplizität lebt, ist dieser Ansatz bereits deutlich spürbar. Maddie, stark gespielt von Flanagans Ehefrau Kate Siegel, ist eine sympathische und vor allem smarte Hauptfigur, mit der man mitfiebert und leidet. Flanagan beweist sich hier als Meister der Suspense und schöpft mit einfachen Mitteln maximale Spannung aus dem begrenzten Setting.

Mit dynamischen Kamerafahrten und cleveren Soundtricks, etwa dem Einsatz von Ultraschallgeräuschen, verwandelt er die Stille in eine Waffe gegen das Publikum. John Gallagher Jr. mag auf den ersten Blick nicht die naheliegendste Wahl für die Rolle eines psychopathischen Killers sein, doch gerade seine Ausstrahlung als „Typ von nebenan“ macht ihn so beunruhigend. In Kombination mit dem fehlenden Motiv, ähnlich wie in dem Kultfilm „The Strangers“, wirkt der Horror noch realer und verdeutlicht, dass es jeden treffen und jeder Täter sein könnte, egal wie unscheinbar. Kate Siegel überzeugt als taffe Protagonistin, die emotional berührt und zugleich schlagfertig handelt. Die beiden liefern sich ein intensives und gnadenloses Duell, welches nicht mit blutigen Effekten geizt. Ein kleines, aber cleveres Detail zeigt zudem, wie durchdacht Flanagans Arbeiten sind: Das Buch, das Maddie im Film schreibt, trägt den Titel „Midnight Mass“ – eine Geschichte, die Flanagan fünf Jahre später tatsächlich als Serie für Netflix umsetzte.