The Other – Kritik zum Film: Wenn Albträume Realität werden

The Other 2025 Film
TitelThe Other
Genre Horror
Jahr2025
FSK16
RegiePaul Etheredge

Heimkinostart: 16.10.2025

Vom realen Albtraum zum Horrorfilm

Albträume können an den Nerven zerren, einen noch lange nach dem Aufwachen verfolgen, aber sie können auch als Inspirationsquelle dienen. Gerade im Horrorgenre, das sich mit den tiefsten Abgründen der menschlichen Psyche beschäftigt, kann das eigene Unterbewusstsein die unheimlichsten Ideen liefern. So erging es auch Regisseur Paul Etheredge. In seinen Zwanzigern hatte er kurz vor der Geburt seines ersten Kindes einen lebensechten Traum, in dem sich seine Ängste manifestierten: Er kämpfte darin damit, ein guter Vater zu sein, verlor die Kontrolle über das Kind und konnte keine emotionale Bindung dazu aufbauen. Auch wenn der Albtraum nur von kurzer Dauer war, blieb er hängen und bot die Grundlage für seinen neuen Horrorschocker „The Other“. Von diesem Traum bis hin zur Entstehung des Films sollten allerdings über ein Jahrzehnt vergehen.

The Other 2025 Film
The Other ©Busch Media Group

Nach seinem Film „Angel of Death“ im Jahr 2009 geriet Etheredges Karriere ins Stocken, wofür er die wirtschaftliche Rezession von 2008 verantwortlich macht. Diese erschwerte die Finanzierung von Indie-Projekten erheblich, weshalb er eine Zeit lang als Produktionstechniker arbeitete – immer mit seiner Idee im Hinterkopf, die nun mit der Hilfe eines befreundeten Produzenten doch noch umgesetzt werden konnte. „The Other“ folgt dem jungen Paar Robin (Olivia Macklin) und Daniel (Dylan McTee), die nach mehreren Fehlgeburten ihre Liebe einem Adoptivkind schenken wollen. So tritt die stumme Kathelia (Avangeline Friedlander) in ihr Leben, die durch einen grausigen Mordfall ihre Eltern verloren hat. Robin und Daniel sind der Situation zunächst positiv gestimmt, doch nach bedrohlichen Ereignissen zweifelt vor allem Robin an der Adoption. Als sie erneut schwanger wird und sich zunehmend verändert, begreift Kathelia, dass ihre Vergangenheit sie in ihr neues Zuhause gefolgt ist.

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„Orphan“ trifft auf „Malignant“

„The Other“ fühlt sich tatsächlich wie ein Albtraum an – in der Hinsicht, dass nicht alles immer greifbar ist. Es ist fast so, als würde man sich an einen Traum erinnern: Teile fehlen, und nicht alles lässt sich geradlinig zusammensetzen. In einer filmischen Umsetzung ist das, sofern der Streifen nicht komplett surreal ist, allerdings schwierig. Etheredge hat viele gute Ideen, die einzeln wunderbar funktionieren, als Ganzes wirkt das aber oft überladen und zerstückelt. Charakterveränderungen kommen plötzlich, ohne dass sich diese Entwicklungen deutlich abzeichnen. Die Frage ist, ob hier das Drehbuch noch einen Feinschliff gebraucht hätte oder ob das Problem im Schneideraum entstanden ist. „The Other“ beginnt recht harmlos. Etheredge springt direkt ins Geschehen und etabliert die schwierige Bindung zwischen den Adoptiveltern und Kathelia, ohne dabei zu früh zu viel über deren traumatische Erlebnisse zu verraten. Das Verhalten der Charaktere ist steif, was die unangenehme Situation zusätzlich unterstreicht. Etheredge spielt dabei mit dem Horrorklischee des bösen Kindes, das im Genre weit verbreitet ist, nutzt dieses aber geschickt, um das Publikum auf falsche Fährten zu locken und die Geschichte in eine deutlich verrücktere Richtung zu lenken.

The Other 2025 Film
The Other ©Busch Media Group

„The Other“ ist nämlich nicht das, was er zu sein scheint, und nimmt das Publikum, nach einem generischen Start, mit auf eine groteske Reise, gespickt mit visuell bizarren Aufnahmen und starken, praktischen Effekten, die bei zartbesaiteten Zuschauern leicht auf den Magen schlagen könnten. Storytechnisch bewegt sich Etheredge dabei irgendwo zwischen „American Horror Story“ (vor allem den früheren Staffeln) und „Malignant“, dessen Auflösung ähnlich verrückt daherkommt. Die wahre Stärke des Films entfaltet sich allerdings nicht in der Effekthascherei, sondern in der aufblühenden Verbindung zwischen Daniel und Kathelia. Hier bringt Etheredge seine eigenen Ängste ein: den Wunsch, ein guter Vater zu sein und alles zu tun, um seine Familie zu beschützen. Robin wird dabei zum Gegenpol, zur Manifestation der Furcht, alles falsch zu machen. Das verleiht dem Film eine emotionale und tiefgründige Note, die sich vor allem in den finalen Momenten entfaltet. Bedauerlicherweise wird dies etwas überschattet durch Etheredges Umgang mit einzelnen Themen – etwa durch die fehlende Empathie gegenüber Kathelias Trauma oder durch die klischeehafte Darstellung von Fiona, einem Charakter mit Down-Syndrom, die als übernatürliches Wesen präsentiert wird. Auch wenn hier vermutlich keine böse Intention dahintersteckt, fehlt es dennoch an Feingefühl.

The Other 2025 Film
The Other ©Busch Media Group

Fazit

„The Other“ ist ein erzählerisch holpriger Horrorfilm, der mit guten Ansätzen aufwartet und visuell sowie emotional starke Momente liefert. Dabei verliert er sich aber zu oft in Sprüngen und Ungereimtheiten und stellt sich mit thematisch problematischen Zügen auch irgendwie selbst ein Bein.

Bewertung: 2.5 von 5.
The Other 2025 Film Amazon Prime Video
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