DER WATCHDOG

Titel	Furioza 2
Genre	Drama, Action
Jahr	2025
FSK	16
Regie	Cyprian T. Olencki

Polnisches Gang-Kino trifft Netflix

Die Hooliganszene ist seit jeher ein Spiegel der Widersprüche – rohe Gewalt und eiserne Loyalität, Gruppenzugehörigkeit und Selbstzerstörung. Zwischen Stadionrängen, Parolen und Prügeleien entsteht eine eigene Parallelwelt, in der Macht, Männlichkeit und Identität ständig neu verhandelt werden. „Furioza“ griff diese Dynamik 2021 mit unerwarteter Wucht auf: ein düsteres, kompromissloses Abbild jener Milieus, in denen Freundschaft und Brutalität kaum zu trennen sind. In seinem Heimatland Polen auf der Kinoleinwand, in Deutschland exklusiv auf Netflix erschienen, zeigte Regisseur Cyprian T. Olencki („PolandJa“), wie tief der Kodex dieser Gemeinschaft reicht – und wie schnell er zerbricht, sobald Moral und Überleben aufeinandertreffen. Nach dem internationalen Erfolg und der wachsenden Netflix-Präsenz polnischer Produktionen geht die Geschichte nun weiter: „Furioza 2“ setzt die Gewaltspirale fort, exklusiv beim Streamingdienst.

Nach dem blutigen Ende des ersten Teils steht die Hooligan-Bruderschaft Furioza am Scheideweg. Der Tod eines Anführers reißt ein Machtvakuum auf – und ausgerechnet Golden (Mateusz Damięcki) tritt an, um es zu füllen. Was einst rohe Kameradschaft war, wird nun zu einem gefährlichen Machtspiel, in dem Loyalität, Rache und Geld untrennbar ineinandergreifen. Während die Polizei enger denn je am Nacken der Gang sitzt, verlagert Golden das Schlachtfeld: weg von den Stadionrängen, hinein in das organisierte Verbrechen. Drogengeschäfte, Schulden, korrupte Verbindungen – Furioza wächst über sich hinaus, aber auch die Paranoia innerhalb der Gruppe. Alte Freunde werden zu potenziellen Verrätern, und jeder Schlag könnte der letzte sein. Im Schatten dieser Eskalation steht die Frage, ob es überhaupt noch so etwas wie „Ehre unter Brüdern“ gibt – oder ob Furioza längst zu dem geworden ist, was sie immer bekämpft hat: eine Maschine der Selbstzerstörung.

Furioza auf die Eins!

„Furioza 2“ wirft den Ehrenkodex über Bord – was bleibt, ist Gewalt, Misstrauen und ein Rest von Stolz, der längst zur Pose verkommen ist. Schon der Auftakt lässt keinen Zweifel: Als Golden zufällig auf eine rivalisierende Fangemeinde trifft, endet die Begegnung mitten auf einer stark befahrenen Landstraße – mit quietschenden Reifen, fliegenden Fäusten und einem geraubten Hoodie als Trophäe. Zeugen? Gleichgültig. Furioza auf die Eins, der Rest ist Beiwerk. Diese Radikalität zieht sich durch den gesamten Film: Die Kamera hetzt dicht an den Körpern entlang, Schnitt und Sound donnern mit adrenalinsatter Präzision. Kalt, grau, gnadenlos – so sieht das neue Terrain der Bruderschaft aus. Und so inszeniert Cyprian T. Olencki seine Fortsetzung: kompromisslos in Tempo und Ton, als wollte er beweisen, dass Härte und Stil kein Widerspruch sind. Nach kaum fünfzehn Minuten liegen schon drei brachiale Faustkämpfe hinter uns – und das Gefühl, dass die nächsten zweieinhalb Stunden keine Atempause kennen werden.

Eine Ballade aus Blut, Asphalt und brüchiger Loyalität – bis zum unerbittlichen Finale, das Gewalt und Bewegung zu einem kunstvollen Rausch verschmelzen lässt. „Furioza 2“ ist ein Epos der Straße: überlang, in Teilen ausschweifend, doch von einer Wucht getragen, die kaum loslässt. Olencki erzählt mit der Ambition eines Scorsese und dem Herzschlag eines Mannes, der das Chaos liebt, aber genau weiß, wohin jede seiner Einstellungen führt. Fußballkult, Fankurvenrituale und Stadionkampfplätze selbst spielen keine Rolle mehr – der Kampf ist längst aus den Arenen hinausgetragen, über Grenzen hinweg, durch ganz Europa bis nach Irland. Was einst auf dem Rasen entschieden wurde, existiert nur noch als ferne Erinnerung, erwähnt, nie gezeigt – ersetzt durch eine neue Front aus Intrigen, Macht und Expansion. Trotz fast dreistündiger Laufzeit bleibt das Tempo dabei konsequent hoch, die Szenen wechseln im Stakkato, die Gewalt pulsiert wie Musik. Ein Gangsterfilm aus der Kälte, getrieben von Männlichkeit, Macht und dem ewigen Versuch, im Schmutz noch etwas wie Ehre zu finden.