Boots: Kritik zur Netflix Serie – Coming-of-Age im harten Militäralltag

Boots Netflix Serie 2025
TitelBoots
Genre Drama, Komödie
Jahr2025
FSK16
CreatorAndy Parker

Starttermin: 09.10.2025 | Netflix

Coming-of-Age im toxischen Gefilde

Das Militär – ein System, in dem traditionelle Männlichkeitsideale institutionell verankert sind. Stärke, Härte und Durchsetzungsfähigkeit werden hier nicht nur erwartet, sondern systematisch eingefordert, während Verletzlichkeit, Unsicherheit oder emotionale Sensibilität als Schwäche gelten. Für junge Menschen, die ihre Identität noch entdecken und formen, entsteht daraus eine fast unüberwindbare Hürde: Anderssein wird nicht nur als Abweichung wahrgenommen, sondern historisch betrachtet oft sogar kriminalisiert. Homosexualität galt lange als unvereinbar mit dem militärischen Idealbild des „starken Mannes“, und wer davon abwich, wurde ausgegrenzt, sanktioniert oder verfolgt. Netflix‘ „Boots“ durchdringt genau dieses Bild und erzählt von den Spannungen zwischen normierter Männlichkeit und individueller Selbstfindung in einer Zeit, in der Anderssein nicht nur unsichtbar gemacht, sondern aktiv geächtet wurde.

Boots Netflix Serie 2025
Boots ©Netflix

1990. Eine Ära, in der Gefühle, Schwäche und Begehrlichkeiten ohnehin nicht ins starre Bild des „starken Mannes“ passen, muss sich ein junger Mann seinen Weg erkämpfen – und das im denkbar toxischsten Gefilde, wo das Ideal von Männlichkeit als Gesetz gilt und Außenseitertum keinen Platz hat. Cameron Cope (Miles Heizer) ist 18, schwul und steckt mitten in einer Selbstfindungskrise – bis er impulsiv beschließt, ins US Marine Corps einzutreten. An der Seite seines besten Freundes Ray McAffey (Liam Oh) muss er das knallharte Bootcamp überstehen: Drill, Disziplin und die ständige Frage, wer man sein darf und wer man sein soll. Zwischen Schikanen, Kameradschaft und den eigenen Unsicherheiten wächst Cameron über sich hinaus, lernt Grenzen zu überschreiten – und, Schritt für Schritt, sich selbst zu akzeptieren.

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Drill, Schweiß und Selbstfindung

Was „Boots“ so bemerkenswert macht, ist die Balance zwischen Härte und Humor. Die Erzählung verwebt Elemente einer klassischen Militärgeschichte – irgendwo zwischen „Full Metal Jacket“ und „Eine Frage der Ehre“  – mit der Zartheit eines warmherzigen Coming-of-Age-Dramas. Wo Stanley Kubrick das Bootcamp als Ort des Wahnsinns und der Entmenschlichung zeigte, erlaubt „Boots“ kleine Risse in der Fassade: Momente, in denen Mitgefühl, Freundschaft und Selbstironie durch das martialische Umfeld hindurchscheinen. Der Humor, der dabei zum Tragen kommt, ist fein, fast schelmisch – nie billig und gewährt der im Kern doch sehr finsteren Geschichte einen befreienden Wohlfühlcharakter. Im Zentrum steht Cameron – doch auch die Gefühlswelt seines direkten Umfelds wird nicht außer Acht gelassen und offenbart eigenständige, vielschichtige Persönlichkeit, weit entfernt von bloßen Karikaturen: der Drill Sergeant, der hinter seiner tyrannischen Fassade eine tragische Geschichte durchblicken lässt; der Rekrut, der mit Körpernormen hadert; der Kamerad, der inmitten von herrschender Männlichkeitslogik versucht, seinen Platz zu finden. „Boots“ nimmt all diese Schicksale ernst – und macht sie glaubhaft, ohne sie zu verklären.

Boots Netflix Serie 2025
Boots ©Netflix

Visuell bleibt „Boots“ geerdet und doch behaftet mit einem Hauch von nostalgischem Ferienlager-Flair: staubige Trainingsplätze, Neonlicht über Metallbetten, Schweiß, Dreck – und doch immer wieder zarte, sommerliche Momente von Gemeinschaft und Zusammenhalt. Dadurch wirkt die Miniserie weit weniger anklagend, als man annehmen könnte, sondern eher wie eine gut gemeinte Einladung hinzusehen, zu fühlen und zu begreifen, wie eng das Korsett der Männlichkeit geschnürt ist – und wie viel Mut es braucht, darin zu atmen. Hierbei trägt das fein austarierte Schauspiel des gesamten Ensembles entscheidend zur Wirkung bei. So entsteht ein eindringliches Erlebnis, das die Spannung zwischen Härte und Verletzlichkeit, zwischen Drill und Zusammenhalt auf eindrucksvolle Weise transportiert und „Boots“ zu einer Serie macht, die wehtut, rührt, lacht – und am Ende die stille Erkenntnis hinterlässt, dass wahre Stärke oft einfach bedeutet, man selbst zu bleiben.

Boots Netflix Serie 2025
Boots ©Netflix

Fazit

Mit authentischem Schauspiel und klarer Erzählstimme gelingt „Boots“ ein eindrucksvolles Porträt von Mut, Zusammenhalt und der Suche nach sich selbst.

(ohne Wertung / Fazit nach zwei Episoden)

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