| Titel | Ángela |
| Genre | Thriller |
| Jahr | 2025 |
| FSK | 16 |
| Creator | Tito López-Amado |
Starttermin: 26.09.2025 | Netflix
Ein perfides Katz-und-Maus-Spiel
Hinter verschlossenen Türen lauert Gewalt, unsichtbar für die Welt – und doch alles vernichtend. Sie ist nicht nur körperlich, sie dringt in Gedanken, in Entscheidungen, in jede Nacht, die von Angst durchzogen ist. Häusliche Gewalt – ein Thema, das sich durch zahllose Drehbücher zieht, meist jedoch nur als handlungsdienliches Gimmick, selten mit der feinen, schonungslosen Aufmerksamkeit, die es verdient. Auch „Ángela“ – Netflix’ Neuinterpretation der britischen Serie „Angela Black“ aus dem Jahr 2021 – nimmt sich dieser sensiblen Thematik an. Aber gelingt es der spanischen Miniserie auch, die Mechanismen häuslicher Gewalt überzeugend zu durchdringen, ohne in Klischees zu verfallen?

Und darum geht es…
Nach außen hat Ángela (Verónica Sánchez) alles, wovon andere träumen: ein schönes Zuhause, Kinder, einen Mann, der als erfolgreich gilt. Doch die makellose Fassade verdeckt ein System aus Angst und Gewalt, das ihr jede Bewegung diktiert. Gonzalo (Daniel Grao) kontrolliert ihr Leben bis ins Detail, und Ángela hat längst verlernt, ihre Stimme zu erheben. Erst als Edu (Jaime Zatarain), ein Jugendfreund, unerwartet zurückkehrt, beginnt sich ein Riss in dieser starren Ordnung zu öffnen. Was als Wiedersehen beginnt, entwickelt sich zu einer gefährlichen Chance – und zu einer Prüfung, ob Ángela den Mut findet, ihre eigene Geschichte neu zu schreiben.

Unser Eindruck nach den ersten beiden Episoden
In der medizinischen Diagnostik heißt es, wenn man Hufgetrampel hört, ist es meist ein Pferd, kein Zebra – das Offensichtliche ist meist das Richtige. Überträgt man dieses Prinzip auf die Welt der Streaming-Thriller, zeigt sich ein ähnliches Muster: Wer ein Netflix Original einschaltet, das sich einem Thema wie häuslicher Gewalt widmet, sollte keine tiefgreifende psychologische oder gesellschaftliche Analyse erwarten. Stattdessen bekommt man meist das Offensichtliche serviert: Spannung, Intrigen, ein stringentes dramaturgisches Gerüst – ein „Pferd“ statt eines „Zebras“. „Ángela“ ist genau ein solches Pferd. Die Miniserie erzählt primär eine Thrillergeschichte, ein Katz-und-Maus-Spiel der Manipulation, bei dem psychologische Finesse und die Nuancen der Gewalt eher als Kulisse dienen denn als erzählerisches Zentrum. Innerhalb ihres Genres funktioniert sie dabei durchaus: „Ángela“ liefert eine stringente Erzählung, die dramaturgisch auf Misstrauen, Kontrolle und Machtspiele fokussiert und dies mit handwerklicher Sicherheit umsetzt. Zugleich offenbart diese Konzentration auf Spannung ein strukturelles Paradox: Die Schwere des Themas wird kurz angedeutet, doch der Fokus auf Intrigen und Manipulation verdrängt die Möglichkeit, die inneren Wunden, die subtilen Dynamiken der Angst und die existenziellen Konsequenzen der Gewalt wirklich auszuleuchten.

„Ángela“ bewegt sich damit in einem Zwischenraum: Sie ist nicht – oder zumindest nicht ganz so – trivial, verweigert sich aber auch einer radikal introspektiven, gesellschaftlich reflektierenden Perspektive. Man wird für Augenblicke Zeuge einer perfiden Machtspirale, erlebt das Misstrauen und die Manipulation aus nächster Nähe – doch das seelische Gewicht der Gewalt wird zugunsten erzählerischer Mechanismen abstrahiert. So entsteht ein Thriller, der das Thema häuslicher Gewalt als dramaturgisches Instrument nutzt, die moralische und psychologische Tiefe jedoch nur streift – gerade weil das Motiv nach wenigen Momenten einer genretypischen Handlung weicht. Und doch: In einem Meer handelsüblicher Netflix Thriller, in dem dramaturgische Floskeln und stereotype Figuren die Regel sind, wirkt „Ángela“ beinahe wohltuend in Ordnung. Weder brillant noch revolutionär – fast schon beliebig, aber eben nicht unschaubar.

Fazit
„Ángela“ verschenkt das Potenzial einer ernsthaften Auseinandersetzung zugunsten konventioneller Thriller-Motive.


