Roqia (2025): Kritik zum Film – Exorzismus mit doppeltem Boden

Roqia film 2025
TitelRoqia
Genre Horror, Drama
Jahr2025
FSKungeprüft
RegieYanis Koussim

Fantasy Filmfest 2025

Zwischen Familienhorror und kollektiver Wunde

„Roqia“ zählt schon auf dem Papier zu den interessantesten Beiträgen des 39. Fantasy Filmfest. Das Langfilmdebüt von Yanis Koussim ist eine algerischfranzösischkatarischsaudische Koproduktion und erinnert auf den ersten Blick an eine Mischung aus „Ich seh, ich seh“ und „When Evil Lurks“, zwei der stärksten Horrorfilme der letzten Jahrzehnte. Eines ist jetzt schon sicher: „Roqia“ wird für Gesprächsstoff sorgen.

Roqia film 2025
Roqia ©Alpha Violet

Und darum geht es…

In der Gegenwart müssen sich zwei Exorzisten mit einer Reihe brutaler Gewaltdelikte auseinandersetzen. Raqi (Mostefa Djadjam) erkennt darin ein Muster, das zu einem Mann namens Ahmed (Ali Namous) führt. Dieser kehrte Anfang der 90er Jahre nach einem Unfall nach Hause zurück – sein Gesicht von einem Kopfverband verhüllt, geplagt von Gedächtnisverlust. Selbst sein eigener Sohn fürchtet sich vor ihm. Immer wieder hört Ahmed Stimmen, die ihm unheimliche Beschwörungsformeln zuflüstern, und er beginnt zunehmend, an sich selbst zu zweifeln. Doch je näher er der Wahrheit kommt, desto größer wird die Gefahr für seine Familie.

Wo Exorzismus zum Spiegel politischer Wunden wird

Das Trauma einer Nation, eingefangen in einem schonungslosen Film. „Roqia“ beschäftigt sich mit den tiefen Wunden, die das schwarze Jahrzehnt in Algerien hinterlassen hat. Eine Zeit, die auch Jahrzehnte später noch ihre Schatten wirft und sich über Generationen hinweg in den Menschen manifestiert. Eine der Zeitebenen führt zurück in die 90er, wo Gewalt, Angst und Fundamentalismus das tägliche Leben prägten, und genau diese Beklemmung ist in jeder Sekunde spürbar. Familien werden auseinandergerissen, nicht nur durch übernatürliche Kräfte, sondern auch durch die politische Realität, die in ihrer Brutalität kaum von Fiktion zu unterscheiden ist. Thematisch erinnert der Film tatsächlich an „When Evil Lurks“, zumindest in Hinsicht auf die Verknüpfung von Exorzismus und dreckigen, kompromisslosen Horror, doch während dort das Fantastische dominiert, ist die Gewalt in „Roqia“ weitaus emotionaler, schmutziger, politischer. Es geht weniger um das Spektakel, sondern um das Gefühl einer Gesellschaft, die nie wirklich zur Ruhe kam.

Roqia film 2025
Roqia ©Alpha Violet

Dabei ist der Film kein leichter Zugang. „Roqia“ verzichtet auf eine klare Struktur, die verschachtelten Zeitlinien ergeben nicht immer ein stimmiges Gesamtbild und lassen vieles vage zurück. Das ist atmosphärisch wirkungsvoll, verlangt dem Publikum aber einiges an Geduld ab. Kawthar Younis‘ Inszenierung bleibt ruhig, fast stoisch, die Schrecken entfalten sich eher in den düsteren Bildern und der bedrückenden Stimmung als in klassischen Schockmomenten. Der Horror will tiefer gehen, weh tun, und nicht einfach nur Jump Scares liefern. Manchmal driftet der Film dann aber doch in bekannte Exorzismus-Klischees ab und unterläuft seine eigene Stärke. Am Ende bleibt ein schmutzig-düsteres Werk, das eher als Spiegel einer traumatisierten Nation gelesen werden sollte, denn als reiner Horrorfilm. Passend dazu endet der Film mit einem Zitat, das seine politische Botschaft untermauert: „Violent fundamentalism is not Islam but a distorted reading of its texts.“

Roqia Film
Roqia ©Alpha Violet

Fazit

„Roqia“ ist ein düsterer, politisch aufgeladener Horrorfilm, der Trauma und Exorzismus miteinander verknüpft. Trotz erzählerischer Schwächen beeindruckt er mit bedrückender Atmosphäre und schmerzhaften Bildern, die lange im Gedächtnis bleiben.

Bewertung: 3 von 5.
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