The Piano Accident: Kritik zum Film – Quentin Dupieux, wie man ihn kennt und liebt

The Piano Accident Film
TitelThe Piano Accident
Genre Komödie, Horror
Jahr2025
FSKungeprüft
RegieQuentin Dupieux

Fantasy Filmfest 2025

Wenn Likes wichtiger sind als Leben

Horror und Comedy gehen oft Hand in Hand. Je skurriler der Humor, desto stärker kann er den Grusel auf unangenehme Weise betonen. Der französische Regisseur Quentin Dupieux weiß das nur zu gut und stürzt seine Figuren in „The Piano Accident“, der ebenfalls im Programm des 39. Fantasy Filmfests läuft, in absurde Situationen. Für Unterhaltung ist damit auf alle Fälle gesorgt.

The Piano Accident Film
The Piano Accident ©Lucky Number

Und darum geht es…

Die Influencerin Magalie (Adèle Exarchopoulos) ist für ihren provokanten Content bekannt. Doch bei den Dreharbeiten zu einem Video kommt es zu einem Unfall, bei dem sie sich schwer verletzt. Zur Erholung zieht sie sich mit ihren Assistenten in die Berge zurück, fernab von ihrem Internet-Ruhm. Doch die Ruhe währt nicht lange, als eine Journalistin sie aufspürt und beginnt, Magalie zu erpressen.

Ein satirischer Blick in den digitalen Abgrund

Wenn es einen Preis für den unerträglichsten Filmcharakter des Jahres gäbe, hätte Magalie ihn sicher in der Tasche. Die sogenannte Content-Creatorin ist anmaßend, rücksichtslos, verhält sich wie ein bockiges Kind und schreckt nicht davor zurück, die schlimmsten Dinge laut auszusprechen. Keine Figur, mit der man auch nur eine Minute seiner Zeit verbringen möchte. Und doch ist sie auf eine gewisse Weise faszinierend. Das liegt zum einen an Adèle Exarchopoulos – bekannt aus Filmen wie „Blau ist eine warme Farbe“ und „Beating Hearts“ – die hier kaum wiederzuerkennen ist und in dieser bitterbösen Rolle voll aufgeht. Zum anderen aber auch daran, dass Magalie selbst irgendwie ein Opfer ist. Und zwar das einer gnadenlosen Internetkultur. Regisseur Quentin Dupieux wirft mit viel Biss und dunklem Humor einen schonungslosen Blick auf die Schattenseiten von Social Media. „The Piano Accident“ ist eine satirische Abrechnung mit einer Gesellschaft, in der Schmerz zur Unterhaltung geworden ist und junge Menschen dazu verleitet werden, für Klicks und vergänglichen Ruhm in sogenannten Challenges ihren Körper zu schänden und sich selbst in Gefahr zu bringen.

The Piano Accident Film
The Piano Accident ©Lucky Number

Zwischen der Satire blitzt auch eine Art Nostalgie auf: eine Erinnerung an die Anfänge des Internets, an die simpleren Zeiten von „Jackass“ und ähnlichen Formaten, in denen diese Art von Grenzerfahrungen noch kontrolliert wirkte, bevor sie zur weltweiten Online-Pandemie wurde. Magalie ist der Spiegel einer Generation, die so chronisch online ist, dass sie den Bezug zur Realität fast vollständig verloren hat. Eine Generation, die nie gelernt hat, Empathie zu empfinden oder zwischen echter Nähe und digitalem Lärm zu unterscheiden. Auch die Nebenfiguren schont Dupieux nicht. Patrick ist ein Opportunist, der für Profit alles mitmacht, und Simone eine Journalistin ohne jede Integrität, getrieben von Sensationslust. Moral und Menschlichkeit sucht man hier vergebens. Einen Ausweg zeigt Dupieux nicht auf. Stattdessen dreht er im Finale die Gewaltspirale nach oben und führt Magalies Reise endgültig ad absurdum. Damit taucht „The Piano Accident“ schließlich doch noch ins blutige Horrorgenre ein – wenn auch nur mit einem vorsichtigen Zeh.

The Piano Accident Film
The Piano Accident ©Lucky Number

Fazit

„The Piano Accident“ ist bissige Satire, groteske Gesellschaftskritik und bitterböser Abgesang auf eine Generation, die im digitalen Rausch die Menschlichkeit aus den Augen verliert. Dupieux liefert keine Lösungen, aber dafür einen schmerzhaft treffsicheren Spiegel unserer Zeit.

Bewertung: 3.5 von 5.
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