| Titel | Bird |
| Genre | Drama |
| Jahr | 2024 |
| FSK | 16 |
| Regie | Andrea Arnold |
Heimkinostart: 03.07.2025
Der Rabenvater, der Paradiesvogel und das Mädchen
Mit “Bird” kehrt Andrea Arnold (“American Honey”) zu ihrem unverwechselbaren Kino zurück. Im Zentrum steht Bailey, ein junges Mädchen, das zwischen Armut und familiären Abgründen nach einem Funken Freiheit sucht. Die Welt um sie herum ist hart, karg, oft trostlos – und doch schimmert in Arnolds Bildern immer wieder ein zarter Traum von etwas Besserem auf. Kein klassisches Sozialdrama, sondern ein flüchtiger Blick in einen prekären Mikrokosmos, der von der Kamera so nah umkreist wird, dass jede Bewegung, jeder Blick zu einem stillen, von fast dokumentarischer Intensität begleiteten Moment wird: roh, intim, ungeschönt – und gleichzeitig wunderschön!

Und darum geht es…
Bailey (Nykiya Adams) ist zwölf. Sie lebt mit ihrem Vater Bug (Barry Keoghan) und ihrem Halbbruder Hunter (Jason Buda) in einer verlassenen Ecke von Kent. Während ihr Vater zwischen Arbeitslosigkeit und zweifelhaften Deals auf der Stelle tritt, sucht Bailey Halt in ihrer maroden Umwelt nach einem Ausweg. Da taucht Bird (Franz Rogowski) auf, ein Fremder, der von einer fast magischen Aura begleitet wird und sich – je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen – zunehmend als letzten Lichtblick in ihrer tristen Welt entpuppt. Für Bailey wird er mehr als ein Begleiter: Er wird zu einem Freund, einem stillen Versprechen von Aufbruch und ein Symbol für die Flucht aus den tristen Zwängen eines orientierungslosen Lebens.

Auf der Suche nach der Schönheit im Unvollkommenen
“Bird” ist kein klassisches Erzählkino. Eher ein Mosaik aus Augenblicken und Empfindungen. Dröhnende Musik und hypnotische Stille wechseln sich ab und weben eine fragile Stimmung, die sich zunehmend verdichtet, während sich die Linse der dynamischen Kamera an die Körper und Gesichter der Figuren heftet, durch die schmutzigen Straßen gleitet – stets auf der Suche nach der Schönheit im Unvollkommenen. Andrea Arnold reduziert die Dialoge und schafft so Raum für eine Bildsprache, die mehr erzählt als Worte je könnten. Jeder Blick, jede kleine Geste wird zum Ausdruck tief verwurzelter Emotionen. In Nykiya Adams, die Bailey mit einer authentischen Selbstverständlichkeit Leben verleiht, findet die Kamera Verletzlichkeit und Stärke zugleich. In Franz Rogowskis (“Passages”) Bird eine zurückgenommene, berührende Zärtlichkeit und geheimnisvolle Ruhe, während Barry Keoghan (“Saltburn”) zwischen kindlicher Unreife, liebevoller Zuneigung und zerstörerischer Impulsivität als Rabenvater mit Herz balanciert.

Doch bei aller Rauheit verkommt “Bird” jedoch nie zur Elendsstudie. Im Gegenteil: Andrea Arnold findet in den Rissen dieser Welt eine stille Schönheit, die strahlt, wo man sie am wenigsten erwartet. Sie entdeckt in verfallenen Siedlungen und trostlosen Winkeln eine Poesie, die sich in den wunderschön fotografierten natürlichen Bildern still entfaltet. Immer wieder öffnen sich kleine Fenster, durch die Licht dringt – in Form von kindlicher Fantasie, unerwarteter Fürsorge oder flüchtiger Geborgenheit. Arnolds Film lebt von diesen Zwischentönen, von Momenten, die ohne Pathos auskommen und gerade deshalb berühren. Es geht weniger darum, ob Bailey am Ende entkommt, sondern darum, dass sie überhaupt davon träumt. So wird “Bird” zu einer zarten, unruhigen Ballade über das Suchen und Sehnen – getragen von einem grandiosen Ensemble, das dieser zerrissenen Welt etwas Sanftes und Aufrichtiges zurückgibt. Ein Film, der nicht laut aufrüttelt, sondern leise unter die Haut kriecht – trotz rotzig-lauter Punk-Attitüde – und dort noch lange nachklingt.

Fazit
“Bird“ erzählt roh und zärtlich zugleich von Sehnsucht nach Freiheit, findet Schönheit im Bruch und wird so zu einer poetischen Ballade über das Erwachsenwerden!



