DER WATCHDOG

Titel	Aniela
Genre	Komödie, Crime
Jahr	2025
FSK	16
Regie	Jakub Piatek

Vom Millionär zum Tellerwäscher

Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall – das gilt besonders für Reichtum. Aniela ist wenig überraschend nicht die Erste, die diese bittere Lektion auf die harte Tour lernt, wenn sie plötzlich aus dem glänzenden Elitenkreis direkt auf das Existenzminimum zurückkatapultiert wird. Wie schon Familie Rose in der Kultserie „Schitt’s Creek“ muss auch die Titelheldin des polnischen Netflix Originals nach dem Verlust ihres Vermögens wieder kleinere Brötchen backen. Vermeintliche Freund*innen entpuppen sich als eigensinnige Nießnutzer*innen, das lockerleichte Leben im Überfluss weicht der schroffen Realität des Lebens – und was dann noch bleibt, ist die Einsamkeit als einzige Konstante. Die perfekte Ausgangslage für ein zynisch funkelndes Gesellschaftsporträt – aber gelingt das auch?

Und darum geht es…

Nach einem öffentlichen Skandal stürzt die einst wohlhabende Warschauer Society-Lady Aniela (Małgorzata Kożuchowska) tief: Sie verliert ihren Status, ihr Vermögen – und jede Kontrolle über ihr bisher so perfekt inszeniertes Leben. Ihr Ehemann Jan (Jacek Poniedziałek) hat sie verraten, der Anwalt Marecki (Cezary Pazura) scheint eher an sich selbst als an ihr Wohl zu denken, und selbst ihre Freundin Ewa (Gabriela Muskała) entzieht sich. Inmitten dieses Zerfalls steht ihr nur ihr Verstand zur Verfügung – und der junge Armani (Filip Pławiak), dessen Loyalität ebenso rätselhaft ist wie seine Motive.

Unser Eindruck nach den ersten beiden Episoden

“Aniela” wirft viel auf – doch führt wenig zusammen. Bereits die Exposition eröffnet ein Szenario, das sich kaum greifen lässt: ein Abstieg, der nie richtig einsetzt, eine Hauptfigur, die zu glatt bleibt, ein Milieu, das nur angerissen wird. Drogen, Dekadenz, soziale Brennpunkte, das Bildungssystem – alles wird kurz gestreift, nichts wirklich durchdrungen. Man hat das Gefühl, “Aniela” will alles gleichzeitig erzählen, verliert dabei aber die Richtung. Wohin das Netflix Original eigentlich will, bleibt unklar – auch noch nach zwei Episoden. Der Culture Clash – etwa zwischen der dekadenten Upper Class und der Realität am Rand der Gesellschaft – wird angedeutet, aber nie zugespitzt. Stattdessen wirkt Anielas Fall wie ein kalkulierter Tapetenwechsel: neue Kulisse, alte Pose. Statt Bruchlinien zu zeigen, bleibt die Serie merkwürdig distanziert. 

Dabei gibt es durchaus Momente, in denen sich ein eigener Ton andeutet: Inszenatorisch zeigt sich “Aniela” düster, fast überzeichnet – irgendwo zwischen stilisierter Pulp-Ästhetik und schwarzhumoriger Dramedy. In diesen Augenblicken erinnert das Netflix Original tonal am ehesten an “How to Sell Drugs Online (Fast)”, ohne allerdings dessen erzählerische Präzision oder Timing zu erreichen. Der Witz bleibt stumpf, der Ernst blass, die angeteaserten Crime-Motive ungenutzt. So verweilt “Aniela” stets im Versuchsstadium, gesellschaftliche Abgründe mit Hochglanzoptik zu erzählen – ohne sich wirklich hineinzuwagen. Viel Oberfläche, wenig Tiefe. Was am Anfang wie eine bitterböse Gesellschaftssatire wirken könnte, verläuft sich zunehmend im Ungefähren; mit einer Hauptfigur nach dem Modell der moralisch fragwürdigen, aber charismatischen Antiheldin – nur eben ohne das Charisma.