| Titel | Das Reservat |
| Genre | Krimi, Drama |
| Jahr | 2025 |
| FSK | 16 |
| Creator | Ingeborg Topsøe |
Starttermin: 15.05.2025 | Netflix
In der Ruhe liegt die Kraft
Das dänische Au-pair-Programm wirbt mit kulturellem Austausch – tatsächlich ist es für viele junge Frauen von den Philippinen ein ökonomischer Notausgang. Sie übernehmen Hausarbeit, Kinderbetreuung, leben abhängig von der Gastfamilie – für ein Taschengeld, das oft kaum dem Aufwand entspricht. Was als interkulturelle Erfahrung etikettiert wird, offenbart sich nicht selten als strukturell asymmetrisch: ein Machtgefälle, das Nähe verlangt, aber kaum Schutz bietet. Stillschweigende Ausbeutung also – freundlich verpackt. Inmitten dieses unausgewogenen Systems verortet die dänische Serie “Das Reservat” eine leise Kriminalgeschichte, die sich den gleichgeschalteten Netflix-Algorithmen weitestgehend zu entziehen weiß und genau daraus ihre Kraft zieht.

Und darum geht es…
In einem abgeschirmten Luxusviertel nördlich von Kopenhagen verschwindet eines Nachts die junge philippinische Au-pair Ruby (Donna Levkovski) spurlos. Was zunächst wie ein tragischer Einzelfall erscheint, entwickelt sich bald zu einem vielschichtigen Puzzle aus Schweigen, Macht und verdrängter Schuld. Die wohlstandsverwöhnte Nachbarschaft wahrt den schönen Schein, doch unter der Oberfläche gären alte Spannungen. Als Cecilie (Marie Bach Hansen), selbst Mutter und Nachbarin, beginnt, unbequeme Fragen zu stellen, bröckelt das Bild der heilen Welt. Zwischen scheinbar harmlosen Alltagsgesten und subtilen Machtverhältnissen offenbart sich ein toxisches Geflecht aus Abhängigkeit, Rassismus und sozialer Isolation.

Unser Eindruck nach zwei Folgen
Sakral aufgeladene Frauenchöre legen sich wie ein akustischer Schleier über den bedrohlich im Hintergrund wabernden Score. Der Klang ist eindringlich, als würde etwas Unsichtbares in ihm atmen. Die Kamera nähert sich in langsamen Bewegungen den Gesichtern der Figuren, sucht in ihrer Mimik nach Rissen, nach dem, was hinter der Fassade verborgen liegt. Später tastet sie das klinische Setting ab – sterile Inneneinrichtung, klinische Betonfassaden luxuriöser Anwesen, die Weiten des Meeres – und verweilt regungslos, als könnte sich die Bedrohung jeden Moment selbst offenbaren. “Das Resorvat” ist kein herkömmlicher Netflix Thriller – das verspricht schon die bedächtige Inszenierung. Kein schnell getakteter, dem nächsten Twist nachjagender Fast-Food-Krimi. Mehr ein leises Abtasten der vermeintlichen Idylle der perfekten Wohlstandsfassade, auf der Suche nach Rissen, in die es einzudringen gilt.

Anders als üblich im regulären Netflix Krimi sucht “Das Reservat” die Spannung im Kreis des vermeintlichen Verbrechens, nicht extern, durch die Augen der Ermittelnden. Kein abgewrackter Ex-Cop, oder an der Flasche hängender Schnüffler, der den Fall an den Rand drängt, während seine vorhersehbare Geschichte ihren Lauf nimmt. “Das Reservat” bleibt größtenteils bei den eventuell infrage kommenden Täter*innen, die genauso gut die Opfer sein könnten, immer im Auge des Sturms, da wo es bekanntermaßen am ruhigsten ist – entsprechend leise ist die Miniserie auch erzählt. Schenkt man den ersten beiden Episoden Glauben, könnte „Das Reservat“ weniger an der Auflösung eines konkreten Falles interessiert sein als an der feinen Erosion eines Systems und der darin agierenden Figuren. Der Thriller wird zur Studie, das Verbrechen zum Symptom – wie sich das alles am Ende erklärt ist jetzt schon zweitrangig.

Fazit
“Das Reservat“ ist kein gewöhnlicher Netflix Krimi – dafür ist er zu sehr an seinen Figuren interessiert, zu sehr an dem, was unausgesprochen bleibt. Die Serie horcht in Zwischenräume, wo andere drüber hinweginszenieren, und findet dort nicht nur Spannung, sondern eine stille, unbequeme Unruhe!


