DER WATCHDOG

Titel	Tod vor der Hochzeit
Genre	Komödie
Jahr	2025
FSK	12
Regie	Nicolas Cuche

Auf dem Land ticken die Uhren anders

Was haben der ewig währende Geschlechterkampf Mann gegen Frau, die unangenehme Kennenlernenphase zwischen Brautvater und neuem Partner und die verspätete Heimkehr in die provinzielle Heimat miteinander zu tun? Richtig, allesamt sind sie gängige Motive aus dem Baukasten der Komödien. Der Geschlechterkampf, als endloses Kräftemessen, bei dem niemand wirklich gewinnen kann, aber jede*r irgendwie verliert. Das Kennenlernen der Eltern, wo sich die Hoffnung auf Akzeptanz schnell in ein Minenfeld peinlicher Missverständnisse verwandelt. Und das Nachhausekommen, als Konfrontation mit der unromantischen Wahrheit. Das Netflix Original “Tod vor der Hochzeit” kennt sie alle – die Tropen des Genres – und weiß wenig überraschend, noch weniger damit anzufangen.

Und darum geht es…

Maja (Natalia Iwanska) kehrt nach längerer Abwesenheit in ihre polnische Heimatstadt zurück, um ihrer Familie erstmals ihren Verlobten vorzustellen – eine Nachricht, die ihre traditionsbewussten Eltern vor eine Herausforderung stellt. Doch für große Debatten bleibt kaum Zeit, denn die Stadt steht vor einer waschechten Krise: Der plötzliche Tod des Besitzers der örtlichen Molkerei, des wichtigsten Arbeitgebers der Region, wirft die Frage auf, wer das Unternehmen künftig führen soll. Rasch verhärten sich die Fronten, und es entsteht ein erbitterter Streit zwischen den Männern und Frauen der Gemeinde. Während alte Rollenbilder aufbrechen und neue Allianzen geschmiedet werden, steht nicht nur Majas Beziehung auf dem Prüfstand – auch das Überleben der Molkerei hängt am seidenen Faden.

Weltoffenheit geht anders

Ein Tag der klaren Worte: Mit der französischen Komödie “Flitterwochen mit meiner Mutter” und der polnischen Produktion “Tod vor der Hochzeit” starten auf Netflix gleich zwei Filme an ein und demselben Tag, deren Titel wohl kaum eindeutiger formuliert sein könnten. Nun kann man dem Streamingriesen mit dem scharlachroten N zwar vieles vorwerfen, aber Etikettenschwindel gehört sicher nicht dazu. Bei der Art und Weise, mit der sich “Tod vor der Hochzeit” den Themen Rassismus und Tradition annähert, gibt es hingegen umso mehr Redebedarf. Die Intention hinter der gut gemeinten Prämisse ist klar: Die erzkatholische Provinz Polens ist mit Majas Verlobtem, einem Schwarzen Mann, maßlos überfordert, wirft die Vorurteile aber schnell über Bord, schließlich ist er ja gar nicht so anders. Mensch ist Mensch. Ob diese Erkenntnis auch Einzug in die rückschrittlichen Herzen der Einheimischen erhalten hätte, wäre Majas bessere Hälfte kein gebürtiger Pole, mit polnischem Namen und christlichem Glauben, bleibt stark zu bezweifeln. Zu Ende gedacht ist die vermeintliche Weltoffenheit jedenfalls nicht.

Hinzu kommt, dass mit Majas Vater Mirek, der zu allem Überdruss auch noch Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte ist, nicht einfach das nächste schrullig, überbehütende oder einfach nur eigenartige Familienoberhaupt der Marke Jack Byrnes (Robert DeNiro in “Meine Braut, ihr Vater und ich”) ins Haus steht, sondern ein waschechter Rassist – überzeichnete Charakterzüge hin oder her. Statt kleineren Missverständnissen, über die man schmunzeln kann, herrscht ungefilterter Rassismus. Wenn schon Maja samt Anhang nicht auf der Schwelle kehrtmacht und die Familie zu den Akten legt, dann immerhin das Publikum. “Tod vor der Hochzeit” wäre gerne weltoffen, doch bleibt provinziell, ohne gute Gags, charismatischen Figuren und frischen Ideen. Somit bleibt ein Film, der viel behauptet, aber wenig leistet – auch in Sachen Unterhaltung.

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