DER WATCHDOG

Titel	Apple Cider Vinegar
Genre	Drama, Satire
Jahr	2025
FSK	16
Schöpfer	Jeffrey Walker

Kaum zu glauben, aber wahr: Die Belle Gibson Story

Betrüger*innen vermutet man meist in den dunklen Ecken der Anonymität, doch es gibt auch jene, die sich gezielt einen gut einsehbaren Platz im grellen Scheinwerferlicht suchen, um von dort aus, unter den Augen von Millionen, ungeniert ihre doppelbödige Show abzuspielen. Belle Gibson gehört zweifellos zur zweiten Kategorie. Die australische Influencerin inszenierte sich als moderne Heilerin und mutige Kämpferin gegen den Krebs – nur um sich letztlich als eine der skrupellosesten Hochstaplerinnen der digitalen Ära zu entpuppen. Ihre Geschichte liest sich wie das Drehbuch eines makabren Dramas – wieso also nicht gleich eines daraus machen? “Apple Cider Vinegar” erzählt ihre unglaubliche, aber wahre Geschichte!

Und darum geht es…

Belle Gibson (Kaitlyn Dever) träumt davon, die Welt zu erobern. Sie will sich ein Business aufbauen, rund um die Themen Schön- und Gesundheit mit allem, was dazugehört. Bücher, Coaching, Produktlinien – einfach alles. Doch das Becken ist zum Brechen voll, weshalb sich die erfolgsbersessene Influencerin einen makabren Masterplan zurechtlegt: Über die sozialen Medien inszeniert sie sich als Krebskrank, um einerseits in der Gunst der Followerschaft zu steigen und andererseits Profit daraus zu schlagen. Doch die Konkurrenz schläft nicht und wittert einen Komplott. So auch Milla (Alycia Debnam-Carey), die nach ihrer Krebsdiagnose ein ähnliches Unternehmen gründete und Belles Lügenkonstrukt schnell zu enttarnen droht!

Unverschämt unterhaltsam

In “Not Okay”, Disney Plus’ bissiger Social Media–Satire, inszenierte sich eine Influencerin als Terroranschlags-Überlebende, um, plötzlich im Rampenlicht angekommen, Ruhm und Anerkennung zu genießen – zumindest so lange, bis ihr Lügenkonstrukt in sich zusammenbrach. Eine Geschichte, frei erfunden – und doch weit näher an der Realität gebaut, als man in Anbetracht der schockierenden Dreistigkeit glauben möchte. Wie nahe, zeigt nun “Apple Cider Vinegar”, eine schonungslos kritische Nacherzählung von Belle Gibsons wahren Taten, die vermutlich unzähligen Menschen das Leben kostete. Statt sich jedoch den trögen True Crime-Geflogenheiten anzubiedern, geht die sechsteilige Miniserie einen ähnlichen Weg, wie bereits “Not Okay”, und inszeniert sich als poppig-schrille Satire zwischen Werbefilm- und Instagram-Ästhetik – mit eingängigen Popsongs, schnelle Schnitte, eingestreuten Social Media-Elementen und animierten Texteinblendungen.

“Apple Cider Vinegar” ist wie eine filmgewordene Swipe-Safari durch den Instagram Feed und steht dadurch inszenatorisch in starkem Kontrast zu den bewegenden Schicksalen derer, die am Rande von Belle Gibsons Erfolg zu Grunde gingen. Statt Gibson dabei auf ihre Eigenschaft als kaltblütige Betrügerin zu limitieren, bekommt ihr narzisstischer, manipulativer Charakter, geprägt durch ihr soziales Umfeld und die eigene Unsicherheit, erschreckend menschliche Züge, und somit eine unangenehm nachvollziehbare Dimension, ohne jedoch ihre Taten zu bagatellisieren oder zu rechtfertigen. Das macht das Netflix Original zu so viel mehr als nur einer weiteren nichtssagenden True Crime-Geschichte. Denn: “Apple Cider Vinegar” ist gleichermaßen bissige Social Media–Satire, berührend düstere Charakterstudie und messerscharfe Dekonstruktion irreführender Heilversprechen. Eine Serie, die unverschämt gut unterhält und gleichzeitig extrem wütend macht. Ein echtes Highlight!

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