Above The Knee: Kritik zum Body Horror Film aus Norwegen!

Above The Knee Film 2024
TitelAbove The Knee
Genre Horror, Drama
Jahr2024
FSKungeprüft
RegieViljar Bøe

Fantasy Filmfest White Nights 2025

Lieber Bein ab, als arm dran!

Stell dir vor, ein Teil deines Körpers fühlt sich an, als gehöre er nicht zu dir. Nicht aus Unzufriedenheit oder Eitelkeit, sondern aus einer tiefen, kaum greifbaren Überzeugung, dass er schlicht und ergreifend nicht dahin gehört. Als würde ein Arm aus der Brust wachsen. Menschen mit Body Integrity Dysphoria (BID) kennen dieses Gefühl. Es ist keine Laune, kein exzentrischer Wunsch, sondern ein quälender Konflikt zwischen Körper und Geist – und damit genau der Stoff aus dem psychologischer Horror gemacht ist. Nach einem verstörend-atmosphärischen Ausflug in die Welt des Non-Sexual Pup Plays in “Good Boy”, stellt sich Viljar Bøe mit “Above The Knee” erneut dem Thema Identität, um darin die Abgründe menschlicher Selbstwahrnehmung zu ergründen.

Above The Knee Film
Above the Knee ©Blue Finch Film Releasing

Und darum geht es…

Amir (Freddy Singh) führt ein scheinbar ideales Leben an der Seite seiner wunderschönen Freundin Kim (Julie Abrahamsen), doch hinter der Fassade verbirgt sich eine erschütternde Wahrheit. Schon lange quält ihn das Gefühl, dass seine linke Beinhälfte nicht zu ihm gehört. Immer wieder wird er von lebhaften Bildern heimgesucht, die eine verfault wirkende Gliedmaße zeigen, die unbedingt entfernt werden muss. Diese obsessiven Vorstellungen lassen ihm keine Ruhe. Je stärker sein innerer Konflikt wird, desto entschlossener ist er, sich von dem fremden Körperteil zu befreien – koste es, was es wolle.

Wenn Identität und Körper kollidieren

Der Norweger Viljar Bøe scheint großes Interesse daran zu haben, die vielfältigen menschlichen Verhaltensweisen und Wahrnehmung von Identität oder Körperlichkeit zu ergründen – vor allem, wenn diese von dem abweichen, was wir unglücklich formuliert, gerne als Normal bezeichnen. Bereits in seinem letzten Film “Good Boy” diente dieses Motiv als Rahmen, wenngleich es sich bei dem Psychothriller im Kern dann doch eher um eine psychologisch zehrende und von surrealer Komik begleiteten Dekonstruktion menschlicher Interaktionen handelte und weniger um eine echte Auseinandersetzung mit den Verhaltensweisen des Non-Sexual Pup Plays. “Above the Knee” geht da ein gutes Stück weiter und nimmt das Krankheitsbild der Körperintegritätsidentitätsstörung als zentralen Anker einer psychologisch tiefschürfenden Erzählung, frei von plakativen Effekte und zeigefreudigem Body Horror.

Above The Knee Film 2024
Above the Knee ©Blue Finch Film Releasing

Ergänzt wird die ohnehin schon ungemütliche Geschichte eines Mannes, dessen gesamte Gedankenwelt sich um den erlösenden Akt der Selbstverstümmelung kreist, um den sozialen Aspekt der Isolation und der damit einhergehenden Zerbrechlichkeit von Beziehungen. So birgt auch Amirs fragiles Lügenkonstrukt einen Quell unbehaglicher Anspannung, während sich die alptraumhaften Wahnvorstellungen, unterlegt mit einem krächzenden Klangteppich, subtil in die Eingeweide fressen. Viljar Bøe gelingt es dabei die Grenze zwischen psychologischem Drama und Horror gekonnt zu verwischen, indem er Amirs schmerzhaften Weg zur amputativen Selbstoptimierung mit intensiven Bildern und einer dichten, subtil grotesken Atmosphäre untermauert. Das macht “Above the Knee” weniger zu einer klassischen Horrorgeschichte, als ein verstörendes Porträt darüber, was passiert, wenn die eigene Identität und der Körper unversöhnlich aufeinanderprallen.

Above The Knee Film 2024
Above the Knee ©Blue Finch Film Releasing

Fazit

„Above the Knee“ zieht das Publikum mit chirurgischer Präzision in einen düsteren Strudel aus Identitätskonflikten und verstörendem psychologischen Horror!

Bewertung: 3.5 von 5.
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