Ein intensiver Blick in die Abgründe der Mutterschaft
Ein wenig nervös, aber voller Leidenschaft für ihre Arbeit präsentierte sich Laura Weissmahr, die Hauptdarstellerin von „Salve Maria“, beim anschließenden Q&A auf dem 73. Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Diese leichte Nervosität dürfte in den kommenden Jahren sicherlich weichen, denn eines macht der von Mar Coll inszenierte Film, der sich mit den Ängsten und Abgründen der Mutterschaft auseinandersetzt, deutlich: Von dieser talentierten jungen Schauspielerin werden wir noch viel hören.
Und darum geht es…
Die junge Schriftstellerin und frischgebackene Mutter Maria (Laura Weissmahr) sieht im Fernsehen eine schockierende Nachricht: Eine Frau hat ihre zehn Monate alten Zwillinge in der Badewanne ertränkt. Gequält von den Herausforderungen ihres eigenen Mutterdaseins gerät Maria in eine zunehmende Obsession. Sie setzt alles daran, zu verstehen, was eine Frau zu einer solchen Tat treiben könnte – und fragt sich zugleich, ob auch sie selbst zu so etwas fähig wäre.
Mütter schreiben nicht. Mütter werden geschrieben
„Regretting Motherhood“ – ein übergreifendes Thema, das sich beim 73. Internationalen Filmfestival durch mehrere Beiträge zog. Den Auftakt machte „Nightbitch“, der bald auf Disney Plus erscheint und auf bizarre Weise die Schattenseiten des Mutterdaseins beleuchtet. Der spanische Film „Salve Maria“ greift ein ähnliches Motiv auf, nähert sich dem Thema jedoch aus einer deutlich anderen Perspektive. Er zeigt den Horror einer Mutter auf eine geerdete, in der Realität verwurzelte Weise – doch immer mit einem kleinen Augenzwinkern. Zwar werden hier und da surreale Horrorelemente eingestreut, diese bleiben jedoch dezent. Regisseurin Mar Coll setzt ganz auf ihre Hauptdarstellerin Laura Weissmahr, die die komplexen Gefühle einer Mutter authentisch vermittelt und eine beeindruckende Subtilität in ihre Performance einbringt. Für ihre herausragende Leistung wurde sie völlig zu Recht mit dem Young Actors Award des Festivals geehrt. Postpartale Depression ist eines der zentralen Themen des Films, wird jedoch nie explizit benannt. Stattdessen gelingt es Coll, die Problematik über das Muttersein hinaus greifbar zu machen. Marias Obsession mit dem Mord an zwei Kindern fungiert als Metapher für ihre eigenen ambivalenten Muttergefühle und steht zugleich universell für die Konfrontation mit unseren düstersten Gedanken. Der Film stellt drängende Fragen: Was treibt jemanden zu einer solch schrecklichen Tat? Und wie weit ist man selbst davon entfernt, zum „Monster“ zu werden?
Obwohl Maria Schriftstellerin ist – Worte sind schließlich ihr Handwerkszeug – fällt es ihr schwer, ihre Gefühle auszudrücken und um Hilfe zu bitten. Diese innere Zerrissenheit zeigt sich auch in ihrer Beziehung zu ihrem Mann. Dieser wird überraschend facettenreich dargestellt – und das, obwohl ihm ironischerweise ein Charaktername verwehrt bleibt. Es ist nicht seine Geschichte, doch er ist ein wesentlicher Teil davon. Immer wieder verschiebt er seinen Vaterschaftsurlaub und übt gelegentlich ungewollt Druck auf Maria aus, doch gleichzeitig nimmt er ihre schwere emotionale Lage wahr, ohne sie wirklich benennen oder in ihrer Tiefe verstehen zu können. Und das ist irgendwo auch zutiefst menschlich. Oft sieht man nicht, was in den Menschen um einen herum wirklich vor sich geht und manchmal will man auch gar nicht sehen, dass die Menschen, die man liebt, nicht glücklich sein könnten. In seinen letzten Momenten bietet „Salve Maria“ mit nur wenigen Dialogzeiten eine der intensivsten Szenen des Kinojahres, in der Maria ihre dunkelsten Gefühle und Gedanken offenbart. Ungeschönt ehrlich und schockierend. Die Kamera verharrt in einer Nahaufnahme auf ihrem Gesicht, wodurch die rohe Emotionalität dieses Ausbruchs eindringlich eingefangen wird. Ein eigentlich perfektes Ende, das so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird. Leider entschließt sich der Film, an dieser Stelle nicht zu enden. In einem Epilog werden die Nachwirkungen dieser Szene beleuchtet. Auch wenn nachvollziehbar ist, was Mar Coll damit ausdrücken wollte, schmälert dieser Nachklang ein wenig die Wirkung der zuvor so kraftvollen finalen Momente.
Fazit
Getragen von der herausragenden Leistung von Hauptdarstellerin Laura Weissmahr, taucht „Salve Maria“ schonungslos und ehrlich in die Gefühlswelt einer von ihrem Mutterdasein gezeichneten Frau ein und scheut nicht davor zurück, das Publikum mit seinen eigenen dunkelsten, oft verdrängten Gedanken zu konfrontieren.
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DER WATCHDOG 