| Titel | Des Teufels Bad |
| Genre | Horror, Drama |
| Jahr | 2024 |
| FSK | 16 |
| Regie | Veronika Franz, Severin Fiala |
Kinostart: 14.11.2024
Religion in a Nutshell!
Wieso sich an Jordan Peele (“Get Out”), Ari Aster (“The VVitch”) und Co. von Übersee klammern, wenn die Hoffnung des Horrorgenres doch eigentlich direkt vor der Haustür im benachbarten Österreich liegt. Während das deutsche Genrekino unverändert belanglos im Trüben fischt (“Old People”, “Home Sweet Home”) manifestiert sich der wahre Schrecken gerade einmal eine Steinwurf entfernt von uns in seiner vollen, bedrückenden Kraft im Alpenpanorama. Mit “Ich seh, ich seh” (das Original und nicht das furchtbare US-Remake “Goodnight Mommy”) und “The Lodge” konnte das österreichische Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala bereits zeigen, wie echter Horror auszusehen hat – und mit “Des Teufels Bad” setzten die Beiden ihre Odyssee des Schreckens nahtlos fort!

Und darum geht es…
1750: Nach ihrer Hochzeit mit Wolf (David Scheid) ist Agnes (Anja Plaschg) bereit, ihren Pflichten und Wünschen als gute Ehefrau nachzukommen. Doch mit einem distanzierten Mann an ihrer Seite wird es schwer, den sehnlichen Kinderwunsch in Erfüllung zu bringen. Und auch so fühlt sich das Eheleben im gemeinsamen Häuschen am Waldesrand trostlos und beklemmend an. Agnes ist unglücklich – und mit zunehmender Zeit regelrecht verzweifelt. Dem Wunsch nach einem gesunden Nachwuchs folgt die Sehnsucht nach der erlösenden Kraft des Todes. Doch Selbstmord ist ein Tabu. Das schlimmste Verbrechen an Gott, das nicht einmal durch die Beichte wieder gutgemacht werden kann. Umso tiefer Agnes in ein tiefes Loch fällt, umso rabiater wird ihr Handeln, um diesem Albtraum endlich entkommen zu können…

Psychische Gesundheit und religiöser Wahnsinn
Mentale Gesundheit ist auch heute noch eines DER Tabuthemen unserer Zeit. Ein Blick in die Vergangenheit jedoch zeigt, dass der Weg, den wir als Gesellschaft in den letzten Jahren eingeschlagen haben, der richtige ist, wenngleich er noch längst nicht zuende marschiert wurde. “Des Teufels Bad” wirft einen Blick zurück in eine dunkle Zeit, in der sich die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen und religiöser Wahnsinn zu einem hochentzündlichen Gemisch vermengte – basierend auf wahren Ereignissen und dadurch schrecklicher als jede Fiktion! Der Fall der oberösterreichischen Ewa Lizlfellner, steht hierbei stellvertretend für eine Serie an grausamen Verbrechen, die sich in dieser Form hundertfach im Österreich des 18. Jahrhunderts zugetragen hat. Wer nun jedoch tristen True Crime erwartet, kennt Veronika Franz und Severin Fiala nicht. Die nämlich inszenieren ihre dritte gemeinsame Regiearbeit als eindringliches psychologisches Drama im Gewand atmosphärischen Alpenhorrors – “Luzifer” lässt grüßen.

In der Ruhe liegt die Kraft! Wie schon in “Ich seh, ich seh” und “The Lodge” dient auch in “Des Teufels Bad” das Thema Mutterschaft wieder einmal als zentraler Anker, in diesem Fall als Begleitmotiv der mentalen Talfahrt einer verzweifelten Frau bis hin zum unausweichlichen Kataklysmus. Agnes Tour de Force in den finsteren Wäldern Österreichs porträtieren die beiden Slowburn-erfahrenen Horror-Expert*innen mit einer bleiernen Schwere, wie gewohnt ohne plumpe Schockeffekte und reißerischen Firlefanz, während sich das Grauen durch die sich zunehmend verengenden Pattsituation und den unmenschlichen durch Tradition und Glaube generierten Schrecken etabliert. Die authentische Detailverliebtheit, die in der Darstellung des von grotesken Bräuchen durchzogenen Alltagsleben der christlichen Alpengemeinschaft steckt, verstärkt dieses Bild noch einmal und macht “Des Teufels Bad” zum Pflichtprogramm eines jeden Horrorfans – mit dem bis dato eindringlichsten Filmmonolog des Jahres: Anja Plaschg sei Dank!

Fazit
Bedrückender Alpenhorror von Nebenan: “Des Teufels Bad” bedarf keiner billigen Schocks, um seinen irdischen, von Bräuchen und Glauben befeuerten Schrecken zu etablieren!

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