| Titel | Bandida: Die Nummer 1 |
| Genre | Drama |
| Jahr | 2024 |
| FSK | 16 |
| Regie | João Wainer |
Starttermin: 11.09.2024 (Netflix)
Leben und Sterben in den Favelas
Glaubt man der deutschen Medienberichterstattung, ist “Bandida: Die Nummer 1” ein Geist. Ein hauchzarter, mit dem bloßen Auge kaum wahrzunehmender Schatten dessen, was die wenigen internationalen Presseberichte außerhalb des Produktionslandes Brasilien, wo das Drama sogar in den Kinos angelaufen ist, berichtete. Nennen wir das Kind doch beim Namen: “Bandida: Nummer Eins” findet in Deutschland schlicht und ergreifend nicht statt – und doch ist er da. Auf Netflix, seit dem 11. September 2024 – und doch dermaßen unter dem Radar, dass keine einzige der einschlägigen Filmseiten auch nur den Titel des brasilianischen Gang-Dramas führt, geschweige denn Informationen zu Cast, einer Inhaltsangabe und erst recht keine Rezension. Zeit das zu ändern!

Und darum geht es…
Brasilien, Rocinha: Rebeca (Maria Bomani) wächst bei ihrer Großmutter unter ärmlichen Verhältnissen in den Favelas auf. Schnell gerät sie an den Drogenhändler Amoroso (Milhem Cortaz), der das Viertel fest im Griff hat und Rebecca schon früh in seine kriminellen Machenschaften mit einbezieht. Erst als sie dessen Neffen Pará (Jean Amorim) kennenlernt und sich beide ineinander verlieben, sieht sie erstmals einen Hoffnungsschimmer in ihrem Leben. Doch Kokain droht die Favelas zu überschwemmen und entfacht einen neuen Krieg um die Vorherrschaft, in dem Rebecca eine zentrale Rolle einnimmt, bis sie schließlich zum point of no return gelangt…

Auf den Spuren von “City of God”
Wenn das erste Filmkorn über die analogen Bilder der Kamera knistert, die verwaschenen Farben wiederholt krisseligen Schwarzweißaufnahmen weichen und sich Weitbild- und eingerückte 4:3-Aufnahmen die Klinke in die Hand geben, wird schnell klar: “Bandida: Die Nummer 1” ist keine weitere industrienormgeeichte Netflix Produktion, wie sie das Publikum zwischenzeitlich nahezu täglich zu sehen bekommt. “Bandida: Die Nummer 1” ist anders. Dass der Einsatz künstlicher Altmachern mit all den Kratzern, Lichtflecken, Flimmer-Effekten und Filmrissen, sowie die stakkatohafte Abfolge von Handkameraaufnahmen, Zoom-ins, Close-ups, schnellen Schnitten und Texteinblendungen dabei vielleicht etwas überhandnimmt, sodass das brasilianische Gangster-Drama bald schon zum Quasi-Musikvideo mutiert, im Retro-Look, wie es aktuell on woke ist, irritiert kurz – und gefällt dann aber.

Wie schon “City of God”, dem modernen Klassiker aus dem Jahr 2002, taucht “Bandida: Die Nummer 1” in die hoffnungslose, brutale Welt der brasilianischen Favelas ein, als retrospektives, fast schon dokumentarisches Zeitdokument. Inspiriert durch das gleichnamige Buch von Raquel de Oliveira (Bandida: A Número Um) gewährt das Drama einen in fünf Kapiteln untergliederten Blick in das Leben seiner Protagonistin – und somit auch In eine Welt voller Korruption, Drogen und Gewalt. Shakespeare-esk, nüchtern, ehrlich und authentisch. Dass “Bandida: Die Nummer 1” zugunsten der rasanten Inszenierung auf eine ausgewogene Charakterzeichnung verzichtet, ist ein wenig schmerzlich. Dafür sind die gerade einmal 80 Minuten Spielzeit viel zu schnell vorbei.

Fazit
„Bandida: Die Nummer 1“ beeindruckt mit ästhetischem Retro-Look und packender Inszenierung, ohne dabei jedoch in die Tiefe zu gehen!

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