The Deliverance: Kritik zum Netflix Film – Der beste Exorzismus des Jahres?

The Deliverance Netflix Film 2024
TitelThe Deliverance
Genre Horror, Drama
Jahr2024
FSK16
RegieLee Daniels

Starttermin: 30.08.2024 (Netflix)

Endlich guter Exorzismus-Horror?

Lust auf eine Runde Exorzismus-Bingo? Kaum ein Subgenre des Horrorfilms bringt so viele ausgelutschte Klischees mit sich, wie das des Bessesenheitshorrors. Da wäre zum einen der alte Priester mit einer dunklen Vergangenheit oder einem persönlichen Trauma, der sich auch sinnbildlich seinen eigenen Dämonen stellen muss. Im Gegenüber, der junge, naive Priester, anfangs unerfahren und skeptisch, erlangt er letztlich doch zu wahrem Glauben. Am Ende folgt dann meist eine aufopfernde Tat – bis dahin: unnatürliche Körperverrenkungen, besessene Kinder, lateinische Gebete, Fliegen, Spinnen und sonstiges Krabbelviechs. Ob Netflixs 65 Millionen US-Dollar teure Neuerrungenschaft “The Deliverance” denselben Weg einschlägt? Mit einem Namen wie Lee Daniels auf dem Regiestuhl könnte die Antwort überraschend anders ausfallen, als das Subgenre es erahnen lässt!

The Deliverance Netflix Film 2024
The Deliverance ©Aaron Ricketts/Netflix

Und darum geht es…

Trotz niederschmetternder Ereignissen in ihrer Vergangenheit heißt es für die alleinerziehende Ebony Jackson (Andra Day) jetzt erst einmal nach vorne blicken. Ihr neues Leben soll heute beginnen, und zwar in einem frisch bezogenen Haus in Pittsburgh, gemeinsam mit ihrer krebskranken Mutter (Glenn Close) und ihren Kindern Shante (Demi Singleton), Andre (Anthony B. Jenkins) und Nate (Caleb McLaughlin). Als sich dort jedoch die übersinnlichen Vorfälle sammeln und sich Ebony hilfesuchend an die Behörden wendet, hat sie wenig später auch das Jugendamt am Hals, das von der Existenz eines Dämons natürlich wenig hält und die Mutter dreier Kinder, erst einmal auf Herz und Nieren überprüft – zum Wohl der Kinder. Einzig die Pfarrerin Bernice James (Aunjanue Ellis-Taylor) scheint Ebonys Ängsten Glauben zu schenken – und bietet ihre Fähigkeiten als Exorzistin an.

Ein Sozialdrama im Horror-Mantel

Wenn Netflix 65 Millionen Steine auf den Tisch legt, um sich die Rechte an Lee Daniels‘ neuem Exorzismus-Drama zu sichern, stellt sich zunächst natürlich die Frage, ob das eher am allseits beliebten Thema der Teufelsaustreibung, oder doch an der Legacy des Mannes hinter dem Projekt liegt. Mit aufwühlenden Filmen wie „Precious“ oder „The Butler“ als Teil der New Black Cinema-Bewegung, sowie diversen Oscar®-nominierungen ist Daniels natürlich direkt ein heißer Anwärter für die anstehende Saison an Filmpreisverleihungen – vor allem in Verbindung mit dem nicht minder namhaften Cast, denn der Horrorfilm zu bieten hat. Während einerseits also die Golden Globe-, Emmy– und Tony Award-Preisträgerin Glenn Close im Zusammenspiel mit der Oscar®-Gewinnerin Mo’Nique bei Cineasten für Aufsehen sorgen dürfte, müsste das Mainstream-taugliche Exorzismus-Korsett des Films für die meisten anderen ausreichen, um “The Deliverance” umgehend in die Watchlist zu packen. Das Ergebnis jedenfalls sollte beide Parteien glücklich stimmen, wenngleich das hyper-generische Finale lediglich bei Zweiteren Anklang finden wird. Bis dahin jedoch macht Lee Daniels alles richtig, was man nur richtig machen kann – und das trotz Genre-typischen Klischees.

The Deliverance Netflix Film 2024
The Deliverance ©Aaron Ricketts/Netflix

Die düstere Vergangenheit, ein neues Zuhause und merkwürdige Vorkommnisse. Was bewährt ist, muss nicht immer schlecht sein, schließlich treffen all diese Charakteristika auch auf Ari Asters Horror-Meisterwerk “Hereditary – Das Vermächtnis” zu. So braucht auch “The Deliverance” keine halbe Stunde, da ist das erste Exorzismus-Bingo erreicht. Was das Netflix Original jedoch von ähnlichen Filmen unterscheidet, ist die Art und Weise, wie Lee Daniels die bekannten Elemente in seine Geschichte einarbeitet. Die nämlich erweist sich als bärenstark gespieltes Sozialdrama, mit authentischer Familiendynamik, komplexen Figuren und subtiler Gesellschaftskritik, während der Horror vornehmlich im Hintergrund agiert und sich zusammen mit dem atmosphärisch dichten Klangteppich unter die Haut frisst. Gänsehaut garantiert! Dass “The Deliverance” auf seinem geradlinigen Weg in Richtung Meisterwerk dann doch noch in konventionellem Muster verfällt, ist mehr als ärgerlich. Man könnte fast meinen, Daniels wäre vertraglich dazu verpflichtet, auf den letzten Metern doch noch die restlichen Felder des Exorzismus-Bingos abzustempeln – und das auf handelsübliche Weise. In Anbetracht der vorangegangenen zwei Drittel der Spielzeit, die mit zum Besten gehören, was das Horror-Jahr 2024 bisher zu bieten hatte, lässt sich das verkraften – genauso wie die Behauptung, es handele sich um die wahre Begebenheit einer Frau namens Latoya Ammons aus Gary, Indiana.

The Deliverance Netflix Film 2024
The Deliverance ©Aaron Ricketts/Netflix

Fazit

Zielsicher auf dem Weg zum besten Horrorfilme des Jahres, verliert sich “The Deliverance” doch noch in handelsüblichen Exorzismus-Horror. Bis dahin jedoch ist der Mix aus Sozialdrama und Slowburner on point gespielt, geschrieben und inszeniert!

Bewertung: 3.5 von 5.
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