| Titel | Longlegs |
| Genre | Horror, Thriller |
| Jahr | 2024 |
| FSK | 16 |
| Regie | Oz Perkins |
Kinostart: 08.08.2024
Das neue „Hereditary“?
Die Zeit von Jason Vorhees, Michael Myers & Co. ist vorbei. Die neue Generation des Horrors hat ihre neuen Ikonen, die den Schrecken in ein neues Zeitalter führen. Vergesst die kultigen Masken und die endlosen, blutigen Morde – hier kommt der echte Horror, der das Blut in den Adern gefrieren lässt und zugleich mit filmischer Raffinesse begeistert. Filmemacher wie Ari Aster und Robert Eggers bringen uns Horrorfilme, die nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern tief unter die Haut gehen. Werke wie „Hereditary“ und „The VVitch“ bieten nicht nur düstere Atmosphäre und viszerale Schreckmomente, sondern auch tiefgründige Geschichten und komplexe Charaktere – kunstvolle Meisterwerke, die den Horror auf ein neues Level heben. Die neuen Ikonen des Horrors sind subtil, psychologisch und verstörend. Sie sind die Vorboten einer neuen Ära, in der echter Horror und filmischer Anspruch Hand in Hand gehen. “Longlegs” ist einer dieser Filme, zumindest partiell, und gleichzeitig eine Reminiszenz an die ikonischen Figuren des Horrorkinos – denn auch der Slowburner hat einen kultverdächtigen Antagonisten im Programm, den man so schnell nicht wieder vergessen wird.

Und darum geht es…
Lee Harker (Maika Monroe) hat gerade ihre Ausbildung zur FBI-Agentin abgeschlossen, da wird sie auch schon mit einem alten, ungelösten Fall betraut: Ein Serienmörder (Nicolas Cage) treibt seit über 30 Jahren sein Unwesen und scheint dabei nie aktiv an den Verbrechen beteiligt zu sein. Statt sich selbst die Finger schmutzig zu machen, bringt er immer eines seiner Opfer durch unerklärliche Weise dazu, zunächst seine Familie und dann sich selbst zu töten. Alles, was auf seine Anwesenheit schließen lässt, ist ein mysteriöser Brief mit okkulten Symbolen und der Unterschrift Longlegs, der an allen Tatorten zu finden ist. Je näher Harker des Rätsels Lösung und somit auch dem mysteriösen Longlegs kommt, desto mehr Fragen kommen auf – und die nächste Opferfamilie befindet sich bereits im Visier des Killers…

Die Erosion der Genregrenzen
Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte eine gewaltige Kluft zwischen Genrefilmfans und cinephiler Zuschauerschaft. Während die eine Partei auf der Jagd nach möglichst blutigen Schauwerten, das, was im Drehbuch stand als notgedrungenes Übel zur Einbettung ikonischer Horror-Momente billigte, rieb sich die Gegenseite an den immergleichen Dramaturgien mit den immergleichen Stereotypen und strafte das Horrorgenre als das ab, was es größtenteils auch war – billige Effekthascherei ohne filmischen Anspruch. “Hereditary”, “The Lodge” und “It Follows” sei Dank, konnte die jüngere Vergangenheit diese Mauern peu à peu zum Einsturz bringen, um auch Filmen wie Oz Perkins “Longlegs” den Weg zu ebnen. Dass der entschleunigte Crime-Horror mit den großen Vorbildern dann doch nie so wirklich mithalten kann, mag im ersten Moment enttäuschen, ist vielleicht aber auch der allzu hohen Erwartungshaltung geschuldet, die durch den vermutlich gruseligsten Filmtrailer der vergangenen Jahre noch einmal befeuert wurde.

Sieht man einmal vom, das viszerale Horror-Versprechen uneingeschränkt einlösenden letzte Kapitel ab, erweist sich der Plot von “Longlegs” während den ersten beiden als klassische Ermittlungsgeschichte in der Tradition von “Zodiac Killer”. Dass die behäbige Polizeiarbeit den auf Horrorfilm getrimmten Bilder und dem dröhnenden Score eigentlich im Weg steht, scheint Oz Perkins nicht im Geringsten zu stören. “Longlegs” tritt in dieser Zeit dramaturgisch lange auf der Stelle, während die audiovisuell suggerierte Bedrohlichkeit seitens der Erzählung kaum gedeckt werden kann. Das mag einerseits atmosphärisch sein, aber auch etwas zu behäbig – selbst für einen Slowburner. Das Ergebnis ist dadurch dann auch weit weniger gruselig als grotesk; nicht unbedingt spannend und doch einnehmend; dank der brachialen Horroroffenbarung im Schlussakt aber dennoch nichts, was “Longlegs” als Pflichtprogramm für einen jeden Genrefilmfan disqualifizieren würde. Und für alle Anderen wäre da immer noch Nicolas Cage, mit einer gewohnt überschwänglichen Crazy-Performance, die man gesehen haben muss – am besten im O-Ton!

Fazit
Auch wenn „Longlegs“ nicht ganz mit seinen großen Vorbildern mithalten kann, hält der unbehagliche Slowburn-Albtraum letztlich doch noch eine große Portion atmosphärischen Horror und eine surreal-groteske Performance von Nicolas Cage!

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