DER WATCHDOG

Titel	Die Erbschaft
Genre	Komödie, Krimi
Jahr	2024
FSK	12
Regie	Sylwester Jakimow

Familienzusammenkunft: Beisetzung

Eine Erbschaft ist wie ein trojanisches Pferd, das den vermeintlichen Familienfrieden schnell ins Wanken bringen kann und nicht selten den wahren Charakter der lieben Verwandten ans Tageslicht bringt. Plötzlich wird aus dem treusorgenden Bruder ein gieriger Aasgeier und die liebevolle Schwester mutiert zur scharf kalkulierenden Geschäftsführerin mit Dollarzeichen in den Augen. Statt Liebe regiert das Konto. Geheimnisse und Missgunst wachsen proportional zu den Zahlen auf dem Bankauszug. Und während das Geld sich still vermehrt oder schwindet, bleibt die Familie zerrüttet zurück, ein lebendiger Beweis dafür, dass Blut zwar dicker als Wasser, aber nicht dicker als Gold ist. Das erfahren auch die Hinterbliebenen der polnischen Netflix-Komödie “Die Erbschaft” am eigenen Leib…

Und darum geht es…

Mit ihrem exzentrischen Onkel (Jan Peszek) war es für die Hinterbliebenen (u.a. Maciej Stuhr, Mateusz Król) des schwerreichen Unternehmers schon zu Lebzeiten nicht immer einfach – und das ändert sich auch mit seinem Tod nicht. Dass sich sein Tod als Finte herausstellt, um die entfremdete Verwandtschaft endlich wieder zusammenzubringen, ändert daran auch nicht viel, als der reiche Ex-Gameshow-Moderator und Erfinder plötzlich wirklich das Zeitliche segnet – kaltblütig ermordet. Ob es damit zu tun hat, dass er am Vorabend verkündet hat, dass sein gesamtes Vermögen an ein Waisenhaus geht, oder dem Fakt, dass nur einer aus der Familie die Rechte an seinen zahlreichen, profitstarken Erfindungen erben wird? Trotz laufender Polizeiarbeit macht sich die unter Tatverdacht stehende Verwandtschaft daran, diese eine glückliche Person zu ermitteln – und zwar in Form eines Spiels, das der Tote kurz vor seinem Ableben als Wettstreit angekündigt hat, dessen Sieger*in alle Patente erhält.

Familien-Duell trifft Murder Mystery

Es ist gerade einmal zwei Wochen her, da schreckte eine gierige Familie, in der ebenfalls auf Netflix erschienen Komödie “Reich um jeden Preis” vor nichts zurück, als es darum ging, das potenzielle Erbe der wohlhabenden Tante für sich zu beanspruchen und schon liefert “Die Erbschaft” nach. Aus Frankreich wird Polen. Aus der Tante, ein Onkel. Die Erbschaftsstreitigkeiten hingegen bleiben bestehen. Dass “Die Erbschaft” letzten Endes doch ein ganz anderer Film geworden ist, liegt daran, in was für ein Setting Sylwester Jakimow seinen Familienzwist betet – nämlich in das Korsett einer Agatha Christie-Esken Whodunit-Geschichite. Was interessant beginnt, verliert nach spätestens einer halben Stunden jeglichen Charme und macht stattdessen Platz für allerhand Drehbuchschwächen – und zwar die der unverzeihlichen Sorte.

Da “Die Erbschaft” weder etwas mit seiner Mördersuche der Marke “Onion Glass: Glass Onion: A Knives Out Mystery” anzufangen weiß, noch mit der Escape Room-Prämisse, die in Form eines Gewinnspiels quer durch das Anwesen zeigt, lässt das Netflix Original einen Großteil des Potenzials ungenutzt. Wenn dann auch versäumt wird, humoristisch etwas abzuliefern, bleibt eigentlich nur noch der verspielte Score, der so generisch er auch sein mag, immerhin ins Ohr geht. Was bis kurz vor Schluss zwar wenig spaßig anzusehen ist, entwickelt sich auf den letzten Metern, im Speziellen die Auflösung samt Nachwort betreffend, zum erzählerischen Ärgernis. Alles was “Die Erbschaft” bis dato versäumt filmisch abzubilden, wird mit einem lieblosen Voice Over nachgereicht – oder noch viel treffender: hingeklatscht.

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