Ferrari

TitelFerrari
Genre Biopic, Drama
Jahr2023
FSK16
RegieMichael Mann

Starttermin: 01.03.2024 (Prime Video)

Der Maestro am Rennstreckenrand

In der Geschichte des Motorsports hat sich kein Name so sehr in das kollektive Gedächtnis gebrannt, wie das des vor Ehrgeiz und Leidenschaft nur so strotzenden Teamchefs und Gründer der Rennsport-Marke, die bis heute seinen Namen trägt: Enzo Ferrari. Neben dem weltbekannten roten Flitzer hinterlässt seine Legende ein Erbe voller Gegensätze. Virtuose des Rennsports, Führungsperson mit eiserner Hand, von familiäre Dramen geprägt, medial kritisiert und geliebt. Was in Brock Yates Biografie „Enzo Ferrari: The Man, the Cars, the Races, the Machine“ aus dem Jahr 1991 bereits eine literarische Aufarbeitung fand, bekommt mit der Romanadaption „Ferrari“ von Michael Mann nun auf Film gebannt ein Denkmal gesetzt – doch anders als vom „Heat“-Regisseur gewohnt, nicht etwa auf der Kinoleinwand, sondern direkt auf Prime Video.

Ferrari ©Lorenzo Sisti

Und darum geht es…

1957 steht das Leben von Enzo Ferrari (Adam Driver) am Scheideweg. Seine mit den eigenen Händen aufgebaute Firma befindet sich kurz vor dem Bankrott, während die Ehe mit seiner Frau und Geschäftspartnerin Laura (Penélope Cruz) längst nur noch Fassade ist und notdürftig für die Außenwelt aufrechterhalten wird. Ferrari führt ein Doppelleben, die Nächte bei seiner langjährigen Beziehung mit Lina Lardi (Shailene Woodley), tagsüber Schein-Ehemann und knallharter Geschäftsmann. Als sein größter Konkurrent Maserati dann auch noch den Rekord auf der Ferrari-Hausstrecke in Modena knackt, muss gehandelt werden. Mit einem neuen Team aus Rennfahrern will Ferrari beim diesjährigen Langstrecken-Straßenrennen Mille Miglia zeigen, dass der Gigant noch lange nicht abgeschrieben ist – doch auch abseits der Rennstrecke gibt es viele Kämpfe zu kämpfen!

Ferrari ©Lorenzo Sisti

Im zweiten Gang Richtung Zielgerade

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau mag als Redewendungen im traditionellen Sinne für das veraltete Rollenbild der Hausfrau und Mutter stehen, die ihrem erfolgreichen Ehemann den Rücken freihält, bekommt in „Ferrari“ aber eine ganz neue Bedeutung. Nicht nur, dass die von Penélope Cruz verkörperte Enzo-Ex Frau und Geschäftspartnerin Laura Ferrari in Michael Manns Biopic eine zwar untergeordnete, aber interessanteren Entwicklung verfolgt, wirkt die Oscar®-Darstellerin auch performancetechnisch weitaus souveräner als der eigentliche Star Adam Driver. Das zeigt sich insbesondere in zwei kurzen Szenen, in denen beide auf ihre ganz individuelle Art und Weise den verstorbenen Sohn betrauern: Penélope Cruz, ohne gesprochenes Wort mit großer Wirkung. Ihr gegenüber Adam Driver, in Form eines kitschigen Monologs, mehr gekünstelt, als ergreifend. Auch Shailene Woodley als Enzo-Geliebte übertrumpfe den bereits in “House of Gucci” mit furchtbarem italienischen Akzent versehenden Hauptdarsteller mit Leichtigkeit. Viel mehr als stereotype Charakterisierungen – die geliebte Affäre und die gekränkte Verflossene – hält das Drehbuch aber auch für die beiden Damen nicht parat. Noch weniger Profil bekommt da lediglich das für den letzten Akt wichtige (aber irgendwie auch unwichtige) fünfköpfige Rennfahrergespann bei ihrem dadurch fast emotionslosen Renneinsatz.

Ferrari ©STX Entertainment

Statt sich auf die Kindheit, die Kriegszeit, den Weg nach Oben oder den Verlust des eigenen Sohnes zu stürzen – also genau auf die Lebensphasen, wo die erzählenswerten Geschichten lauern – dreht sich „Ferrari“ um ein dann doch recht unspektakuläres Kapitel im Leben des Rennstallchefs, mit erstaunlich wenig Streckenzeit. Mehr Erkenntnisse als dass was ein Wikipedia-Artikel nicht sowieso bereits liefert, verrät auch das dialoglastige Biopic nicht. Nach „Ferrari“ versteht man nun auch wieso der rote Rennstall mit dem Pferdeemblem in „Ford Vs Ferrari“ (dt. „Le Mans 66“) lediglich eine Randerscheinung blieb. Wie es sich beim direkten Vergleich in Sachen Pferdestärken, Aerodynamik, Gewichtsverteilung und Handling verhält, lässt sich als Rennsport-Leihe nicht beurteilen, geht es um Figuren, Dramaturgie und Geschichte, hat der deutlich bessere „Le Mans 66“ mit Ford jedenfalls klar die Nase vorne. So verharrt Michael Mann lange Zeit im zweiten Gang, als hätte er vergessen, dass es sich bei seinem Film um ein Fahrzeug mit Schaltgetriebe handelt. Lediglich für einen kurzen, aber effektiven Gänsehautmoment, der sich nachhaltig ins Gedächtnis brennt, kann Mann seinen Karren für wenige Augenblicke auf Touren bringen. Der Asphalt mutiert plötzlich zum Kriegsfilmszenario mit fast schon lächerlich expliziten Gore-Einlagen, und die Szene gerade deswegen zum umso nachhaltigeren Schockmoment. Doch die nimmt eben nur eine Minute ein, in einem über zweistündigen gefühlskalten Drama ohne nennenswerte Lichtblicke.

Ferrari ©STX Entertainment

Fazit

Ein emotionsloser, oberflächlicher Blick hinter die Kulissen: Michael Mann bleibt über die gesamte Strecke mit dem Fuß auf der Bremse und verpasst es, sein Rennwagen-Biopic auf dem Siegertreppchen zu platzieren!

Bewertung: 2 von 5.

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