| Titel | Die Tribute von Panem: The Ballad Of Songbirds & Snakes |
| Genre | Action, Abenteuer |
| Jahr | 2023 |
| FSK | 12 |
| Regie | Francis Lawrence |
Kinostart: 16.11.2023
Die Ballade von verräterischen Vögeln und hinterlistigen Schlangen
Wenn es sich mit seinen Lieblingsfiguren auserzählt hat, muss halt ein Prequel als Lückenbüßer her. Und warum nicht den Antagonisten zum Protagonisten machen, wie es bereits mit Anakin Skywalker oder Magneto in den „Star Wars“- bzw. „X-Men“-Vorgeschichten geschehen ist? 2020 brachte nicht nur die Pandemie, sondern auch „Die Tribute von Panem X: Das Lied von Vogel und Schlange“, das vierte Buch der „Panem“-Reihe von Suzanne Collins, das Jahrzehnte vor den Ereignissen im ersten Teil spielt und Coriolanus Snow in den Vordergrund rückt. Um die filmische Adaption kümmert sich erneut Francis Lawrence, der seit dem zweiten Teil die Filmreihe führt und mit „Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ zwar einen würdigen und buchtreuen Beitrag leistet, der dennoch nicht die Stärke der Vorgänger erreicht.

Und darum geht es…
Familie Snow hat im Krieg ihr Vermögen verloren und steht vor einer Zwangsräumung. Alle Hoffnungen werden auf den Musterschüler Coriolanus Snow (Tom Blyth) gesetzt, der die Chance erhält, bei den zehnjährigen Hungerspielen als Mentor von Lucy Gray Baird (Rachel Zegler), dem weiblichen Tribut aus dem armen Distrikt 12 zu fungieren. Zwischen Coriolanus und Lucy entsteht eine besondere Verbindung und während Lucy in der Arena um ihr Leben kämpft, kämpft Coriolanus draußen gegen seine Gefühle und versucht Lucy unbemerkt zu helfen, um als Sieger den begehrten Wohlstand zu erzielen.

Kann man einem jungen Hitler Liebe und Sieg gönnen?
Trotz seiner Eigenschaft als Prequel erweist sich „Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ selbst für Neulinge als ein geeigneter Quereinstieg in die postapokalyptische Welt von Panem. Kenner der vorangegangenen Bücher bzw. Filme erfahren mit der Ursprungsgeschichte hingehen ein besonderes Insider-Erlebnis bei der Entdeckung von Verweisen auf die vorangegangenen Teile. Um die Entwicklungen von Snow uneingeschränkt nachvollziehen zu können, empfiehlt es sich also, vorher oder hinterher das gesammelte Werk der Reihe anzusehen oder durchzulesen. Als Baddie-Origin Story lässt sich „Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ also nur bedingt als Erfolg verbuchen, was ebenfalls auf die eher unglückliche erzählerische Perspektive zurückzuführen ist, mit der die Anfänge der Tribute von Panem beleuchtet werden.

Snow bekommt eine größere Tragweite durch seinen familiären Hintergrund, seine verarmte und zu verschleiern bemühende Situation, und seine Erfahrungen als liebender Mentor und indirekter Teilnehmer der Hungerspiele. Auch wenn seine rücksichtslose, manipulative Politik und sein Mordmarkenzeichen bereits hier deutlich werden, ist Snow längst nicht der Soziopath wie in der Hauptreihe, sondern zeigt sich als zunächst charismatisches Arschloch von seiner fürsorglichen und sogar opferbereiten Seite, auch wenn nur so weit, wie es für ihn von Vorteil ist. Snows Ambivalenz erschwert Neueinsteigern eine positive Bindung aufzubauen und die „Panem“-Enthusiasten werden sich ohnehin schwertun, Snow gegenüber unvoreingenommen zu sein. Mit Snow verhält es sich genauso wie mit einem jungen Hitler, dem man Glück in der Liebe und im Spiel wünschen soll.

Dem gegenüber steht Lucy, die durch ihre Distrikt 12-Herkunft, ihr musikalisches Talent und ihren Helferinstinkt mehr Sympathien auf ihrer Seite hat – was durch ihre betörenden Gesangseinlagen noch einmal verstärkt wird. „Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ erzählt keine klassische Lovestory im herkömmlichen Sinn. Die Liebe zwischen Snow und Lucy ist weder echt noch aufrichtig, und wird vielmehr als eine eigennützige Art von Zuneigung erklärt. Der am wenigsten liebt, kontrolliert die Beziehung, in diesem Fall der herrische Snow – und das Liebesaus ist unausweichlich. Tom Blyth spielt den jungen Snow dabei auf seine Art überzeugend, auch wenn er Donald Sutherlands Darstellung keine ebenbürtige Würde erweist.

Ohne Sutherland nicht dasselbe
Die Action ist kindgerecht. Es wird brutal, aber nie explizit und die Hungerspiele machen nur den zweiten von insgesamt drei Aktunterteilungen aus und fallen unspektakulärer aus als in den Vorfilmen. Die Tribute scheiden schneller dahin, als dass man mitfiebern oder mitfühlen könnte, selbst wenn es Kinderteilnehmer sind. Bei der Fülle werden zwar kurzzeitig auch interessante Figuren geboten, jedoch nicht unvergessliche. Moderator und Magier Lucretius „Lucky“ Flickerman ist der Humorlieferant und wird herrlich gespielt vom locker aufgelegten Jason Schwartzman, und auch Viola Davis brilliert als Spielmacherin und gefühlskalte Schlange (beabsichtigte Wortwahl) Dr. Gaul, die im Gegensatz zu ihrem Hungerspiele-Ideenlieferanten Snow, die Spezies Mensch als grundsätzlich böse betrachtet und damit eine diktatorische Regierung rechtfertigt. Peter Dinklages Rolle fällt zwar klein aus (unbeabsichtigte Andeutung), ist dafür relevant im Bezug auf Snow und den Hungerspielen.

Während sich der Cast also als Stärke verbuchen lässt, erweisen sich die mit primitivem CGI dargestellten Kreaturen als äußerst störendes Element. Selbiges gilt für die mehr als zweieinhalbstündige Laufzeit, bei der ein Langeweileaufkommen, besonders im missglückten dritten Akt, unvermeidbar scheint. Deswegen ist “Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds and Snakes“ zwar noch lange kein Ärgernis und unterm Strich sogar die Art von Film, die man sich bedenkenlos ansehen kann – doch das Verlangen nach Katniss Everdeen und Donald Sutherland als Snow ist dennoch zu groß.

Fazit
Ein lang geratener Film über Freundschaft, Verrat, Täuschung und Tyrannei, mit vielen leicht zu vergessenden Figuren, einem unspektakulär kurzen Hungerspiel, und einem enttäuschenden Schlussteil.

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