| Titel | El Tigre – Heißes Blut |
| Genre | Drama, Erotik |
| Jahr | 2016 |
| FSK | 16 |
| Regie | Hernán Belón |
Heimkinostart: 09.06.2023
Charakterdrama oder doch nur eine Altherren-Fantasie?
Das Haar lichtet sich, die Manneskraft schwindet und der Sportwagen in Neongrün, auf dem Hof des Autohändlers, wirkt, je öfter man daran vorbeifährt, von Mal zu Mal ansprechender? Herzlich willkommen in der Midlife-Crisis. Dieses Bild ist natürlich nicht mehr als eine überspitzte, humoristisch gemeinte Karikatur einer tatsächlich ernstzunehmenden Sinnkrise, die mit etwas Fingerspitzengefühl als Stoff für eine interessante Charakterstudie geradezu prädestiniert wäre. Dass „El Tigre – Heißes Blut“ daran keinerlei Interesse zu hegen scheint, ist nicht nur schade, sondern über weite Strecken sogar ziemlich geschmacklos…

Und darum geht es…
Unter dem Namen El Tigre war Ramon lange Zeit als erfolgreicher Boxer berühmt und berüchtigt. Seine Karriere hat er zwischenzeitlich an den Nagel gehängt. Doch das Leben als einfacher Kassierer, ohne das Adrenalin und den Nervenkitzel, gibt ihm nicht die erhoffte Erfüllung, woran auch die neu gewonnene Zeit mit seiner Familie nichts ändert. Als er der hübschen Boxerin Deborah begegnet und sich Hals über Kopf verliebt, ist dies der Beginn einer leidenschaftlichen Affäre und der Funkensprung für den Entschluss, erneut in den Ring zu steigen – mit bösen Folgen.

Fremdgehen zum Fremdschämen
Armer, Ramon! Eine schöne Frau, liebenswerte Kinder und ein beispielloser Abschied als Weltmeister nach einer Karriere als Profiboxer. Gott sei Dank trifft er auf die wesentlich jüngere, bildhübsche Deborah, die ihm endlich wieder einen Sinn in seinem Leben gibt. Dafür kann man seine Familie schon einmal hinten anstellen. Ironie Ende. Würde sich „El Tigre – Heißes Blut“ nicht so lange in geschmacklosen Altherren-Fantasie suhlen, in der sich die argentinische Schönheit Eva De Dominici meist nackt durchs Bild räkelt, hätte sich das Thema Midlife-Crisis als Charakterstudie über fragile Männlichkeit und das Älterwerden hervorragend angeboten. Abgesehen vom konsequenten Schlussakt, will Hernán Belón davon jedoch lange Zeit nichts wissen.

Auch wenn Ramon am Ende die vollen Konsequenzen für sein Handeln tragen muss und ihn in seiner Entwicklung als das entlarvt, was er von der ersten Minute an war, ein selbstsüchtiger Egoist, bleibt auch hier ein bitterer Nachgeschmack. Wäre alles gelaufen wie erhofft, wäre er jetzt der Held. Einzig sein Scheitern demaskiert ihn. Eine mehr als fragwürdige Botschaft. Bis das Karma endlich zuschlägt, offenbart „El Tigre – Heißes Blut“ aber bereits weitaus größere Probleme. Das beginnt bereits bei der unglaubwürdigen Beziehung zwischen Ramon und Deborah, die einzig und alleine auf sexueller Anziehung basiert, sich jegliche zwischenmenschliche Nuancen aufspart und bereits in ihrer banalen Entstehung eins zu eins aus dem Skript eines Pornofilms entstammen könnte.

Vom Boxring in die Kiste
Vom Boxring in die Kiste und wieder zurück. Viel mehr hat Hernán Belón nicht zu erzählen. Deborah verkommt in diesem Szenario zur eindimensionalen Frau der Begierde, welcher man abgesehen von einem Vaterkomplex – ach bitte? – abseits des Zurschaustellen ihres makellosen Körpers seitens des Drehbuchs nichts zuzutrauen scheint. Dabei lässt Eva De Dominici als Einzige in einem blassen Cast immer wieder großes schauspielerisches Talent durchblitzen. Wieso also sollte man sich den argentinischen Boxer-Softporno ansehen? Wegen der unspektakulären Ringkämpfe jedenfalls nicht…

Fazit
Ein Erotikdrama mit fraglicher Botschaft!
Wie hat Dir „El Tigre – Heißes Blut“ gefallen?

