Das Actionkino der 80er Jahre war geprägt von knallharten Kerlen und triefte nur so vor Testosteron und Pathos. Doch der Zahn der Zeit nimmt auch vor der Kinolandschaft keine Rücksicht. Mit dem gesellschaftlichen Wandel, der Sensibilisierung für Gleichberechtigung und dem Durchbrechen von Rollenbildern sind die Filme eben jener Epoche in der Retrospektive ein verstaubtes Relikt ihrer Zeit. “Top Gun” ist einer dieser Filme, die den Test der Zeit nicht unbedingt gut überstanden haben. Ein waschechter “Männerfilm” mit “echten Kerlen”, der heute paradoxerweise aber eher mit dem Hang zur Homoerotik auf sich aufmerksam macht, wo er sich doch eigentlich so entschieden davor sträubt. Wie eine Fortsetzung im aufgeklärten Jahr 2022 da wohl aussehen mag?

Handlung
Pete Mitchell, besser bekannt unter dem Namen Maverick, ist einer der besten Piloten in der Geschichte der Navy und bereits seit mehr als 30 Jahren im Einsatz. Mit seiner furchtlosen Art und sein kompromissloser Willen reizt er immer wieder die Grenzen des Möglichen aus, was ihn gleichzeitig aber auch immer wieder mit seinen Vorgesetzten aneinandergeraten lässt. Dies ist auch der Grund, wieso er eine neue Aufgabe zugeteilt bekommt, die ihm eigentlich überhaupt nicht passt. Er soll eine Gruppe von Top-Gun-Absolvent*innen für eine waghalsige Mission briefen und ihnen alles beibringen, was nicht in den Lehrbüchern steht. Unter den jungen Pilot*innen befindet sich auch Rooster, der Sohn von Mavericks verstorbenem Co-Piloten und Freund Goose. Dieser ist dem ehemaligen Partner seines Vaters wenig gut gesinnt, was auch abseits des harten Trainings für weiteren emotionalen Sprengstoff sorgt.

Kritik
Vom pathetischen Macho-Kitsch zum mitreißenden Spannungskino in Überschallgeschwindigkeit. Während „Top Gun: Maverick“ im holprigen ersten Drittel noch mit Pseudocoolnes und Machogehabe zu kämpfen hat, bekommt Joseph Kosinski glücklicherweise doch noch die Kurve und legt einen qualitativen Steilflug ein, der das zähe Ereignis doch noch von null auf hundert ins gehobene Blockbuster-Kino katapultiert. Dabei macht er es seinem Publikum gerade anfangs wirklich schwer, einen echten Zugang zu den eindimensionalen Figuren zu bekommen. Irgendwie gelingt es dem US-amerikanischen Regisseur allen Widrigkeiten zum Trotz, sich dennoch einen Weg in das Unterbewusstsein der Zuschauer*innen zu schleichen, die am Ende dann doch noch wie gebannt vor den Bildschirmen verharren.

Wieso auch immer es funktioniert – es funktioniert! Dabei sollte es das eigentlich gar nicht. Sonderlich vielschichtig oder sympathisch ist auch nach der schleppenden Exposition keiner der Charaktere – und trotzdem drückt man ihnen die Daumen. Zumindest Miles Tellers Rooster gibt der heroischen Geschichte doch noch einen emotionalen Anker und auch die brennende Leidenschaft des Titelhelden überträgt sich dank der Darstellung von Tom Cruise auf das Publikum. Den Bärenanteil übernimmt dann sowieso das adrenalingeladene Schlussdrittel selbst, welches “Top Gun: Maverick” letztlich doch noch den erhofften emotionalen Nervenkitzel spendiert. Das hat man in dieser Intensität zuletzt vor drei Jahren in “Le Mans 66” gesehen.

Fazit
Vom pathetischen Macho-Kitsch zum mitreißenden Spannungskino in Überschallgeschwindigkeit.
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