Bevor die algerische Regierung im Jahr 2015 ein neues Gesetz zum Schutze der Frau erließ, stand häusliche Gewalt gegenüber Frauen gesetzlich nicht unter Strafe. Doch auch diese Reformen brachten kaum Besserung für das vermeintlich schwache Geschlecht. So gilt beispielsweise Vergewaltigung in der Ehe heute noch nicht als Scheidungsgrund und viele der neuen Gesetze werden schlichtweg nicht umgesetzt. In Anbetracht dieser Umstände ist die wichtige Botschaft hinter dem 1997 angesiedelten Coming-Of-Age Drama „Papicha – Der Traum von Freiheit“ auch 25 Jahre später immer noch von großer Bedeutung.

Handlung
Algerien 1997: Während auf den Straßen der algerische Bürgerkrieg tobt und die Bevölkerung von streng konservativen Islamisten unterdrückt wird, lässt sich die 18-jährige Studentin Nedjma nicht von ihren Träumen abhalten. Eines Tages möchte sie als Modedesignerin Fuß fassen und versorgt bereits heute ihre Freundinnen und Mitstudentinnen mit kreativen Kleidern, die sie in ihrem kleinen Studentenzimmer entwirft und schneidert. Als der öffentliche Druck der islamistischen Gruppierung auf die jungen Frauen immer weiter zunimmt, entscheidet sich Nedjma dazu, als Protest gegen die radikalen Zwänge eine Modenschau zu veranstalten. Doch ihr Auflehnen sorgt nicht nur für Zustimmung und zieht auch die Wut vieler extremistischer Islamisten auf sich.

Kritik
Zwischen Tradition, weiblicher Selbstbestimmung und westlichen Einflüssen. Nedjma – großartig von Lyna Khoudri verkörpert – liebt ihre Heimat Algerien und genauso sehr liebt sie die Bräuche und die Kultur ihres Landes. Das Tragen des Hijabs kommt für sie jedoch nicht infrage. Dafür ist sie viel zu stolz auf ihr Frausein und fasziniert von der westlichen Mode. In Nedjmas Welt schließen sich Tradition und Fortschritt keinesfalls aus, sondern fließen homogen ineinander über. Für eine Partynacht in einer Discothek schleicht sie sich heimlich heraus, legt Make-Up auf und schlüpft in ein dekolletiertes Abendkleid, um am nächsten Tag algerische Teigspeisen mit ihrer Mutter zuzubereiten und den Geschichten ihrer Großmutter zu lauschen. Ein Lebensstil, der beim Großteil der Männerwelt auf wenig Verständnis stößt. Ständige Belehrungen und sexuelle Übergriffe stehen bei ihr an der Tagesordnung. Dennoch entscheidet sie sich dafür, sich allen Widrigkeiten zu stellen, anstatt die Augen vor dem Unrecht zu verschließen und in eine aufgeschlossenere Welt, abseits ihrer Heimat, zu fliehen.

“Papicha – Der Traum von Freiheit” erzählt eine berührende Geschichte über Weiblichkeit, Selbstverwirklichung und Widerstand. Auch wenn das Drama im Algerien der 1990er angesiedelt ist, könnten die Themen nicht aktueller sein. Als moderne muslimische Frau stellt sich Nedjma einer repressiven Gesellschaft, um für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Zukunft zu kämpfen. Das Langfilmdebüt der algerischen-französischen Regisseurin Mounia Meddour ist dabei oft unglaublich unterhaltsam, hoffnungsvoll und leichtfüßig inszeniert, um den Zuschauer*innen im nächsten Augenblick den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Durch die dadurch geschaffenen Fallhöhe ist das Drama in diesen kompromisslosen Momenten umso erschreckender und niederschmetternder.

Fazit
Starke Frauen in einem starken Drama!
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