Auch wenn die furchtbare „50 Shades of Gray“-Reihe vielleicht etwas anderes behauptet, haben ein sanfter Klaps auf den Po und eine toxische Co-Abhängigkeit abseits des Schlafzimmers mit BDSM (Bondage, Discipline, Dominance and Submission, Sadism and Masochismus) ungefähr so viel zu tun, wie Michael Bay mit geerdeten Charakterstudien. Mit dem japanischen Drama „You’ve got a Friend“ bekommt die Fetisch-Szene nun endlich einen Film, der dem Thema gerecht wird – wenn auch in einer etwas anderen Form als man zunächst erwarten würde.

Handlung
Auf den ersten Blick ist Yoshio Yoshida ein ganz normaler Durchschnittstyp von nebenan. Doch unter der unscheinbaren Fassade verbirgt sich ein Geheimnis. Yoshio ist Hardcore-Masochist. Als Stammkunde der Domina Miho lässt er sich regelmäßig Schmerzen zufügen, um endlich etwas fühlen zu können. Doch auch dieses Gefühl von Lust und lebendig sein lässt immer mehr nach, was den freundlosen Mann vor eine Sinnkrise stellt. Als er beginnt Miho auch außerhalb ihrer Tätigkeit als Domina zu treffen, erhält auch langsam die Lebensfreude wieder Einzug in sein Leben. Doch ein Wiedersehen mit einem Menschen aus seiner Vergangenheit droht alles, was er sich aufgebaut hat, wieder einzureißen…

Kritik
Heißes Kerzenwachs, peitschende Hiebe auf den Körper und als krönender Abschluss ein Nagel (!!!) in den Intimbereich (!!!) des Mannes. Es dauert keine fünf Minuten, bis man sich als szenefremde Zuschauer*in die Hände vor das schmerzverzerrte Gesicht halten will. Aber keine Angst: „You’ve got a Friend“ ist kein grenzüberschreitender Exploitationfilm und genauso wenig reißerischer Erotik-Trash, auch wenn das Blu-ray Cover etwas anderes impliziert. Ryūichi Hiroki inszeniert seine Geschichte über einen Mann, der alleine im Schmerz Erfüllung findet, als sensibles Drama über die Folgen von Missbrauch und die Suche nach sich – stets begleitet von einem schrulligen, komödiantischen Unterton und viel Herzlichkeit.

Die authentischen Einblicke in die Welt des Sadomasochismus nehmen dabei nicht allzu viel Platz ein und unterstreichen lediglich die Glaubwürdigkeit des Films. Ähnlich verhält es sich mit den nahezu dokumentarisch abgefilmten, nüchternen Sexszenen, die vollkommen ohne Schnitt auskommen. Schmerzen waren für Yoshio lange Zeit ein Zufluchtsort aus dem tristen Alltag. Außerhalb dieser Erlebnisse ist er nicht dazu imstande zu fühlen. Als jedoch nicht einmal mehr der Schmerz etwas in ihm auslöst, begibt sich Yoshio auf die Suche nach echter Liebe und echten Gefühlen. Auch wenn „You’ve got a Friend“ nur einen kleinen, und darüber hinaus sehr extremen Teil der komplexen BDSM-Thematik beleuchtet, ist Ryūichi Hiroki dennoch ein eigenwilliger, kleiner Ausnahmefilm gelungen. Nicht perfekt, aber unglaublich interessant!

Fazit
Eine außergewöhnliche Tragikomödie aus Japan!
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