Kinder können grausam sein! Doch der Auslöser dafür ist meist nicht etwa böswilliger Natur, sondern oft ein zutiefst unschuldiger. Getrieben von kindliche Neugierde, dem Austesten von Grenzen oder einfach nur dem Fehlen einer vollständig ausgebildeten Moralvorstellung – dessen Entwicklung schließlich Teil des Prozesses des Erwachsenwerdens ist – sind Kinder dazu imstande sadistische Taten zu vollbringen. Das beginnt schon beim Drangsalieren von kleinsten Lebewesen wie Insekten und kann bis zum Mobbing Gleichaltriger führen. Welch ungeahnt schreckliche Folgen es haben kann, wenn dieses präpubertäre Verhalten auf übernatürliche Fähigkeiten trifft, zeigt uns das skandinavische Horror-Drama “The Innocents”.

Handlung
Für Ida beginnt ein spannender, neuer Abschnitt ihres noch sehr jungen Lebens, als sie mit ihren Eltern und ihrer etwas älteren, autistischen Schwester Anna in eine Hochhaussiedlung zieht. Auch wenn sie über die Veränderung nicht unbedingt glücklich ist, findet sie in der sensiblen Aisha und dem draufgängerischen Ben schnell zwei neue Gefährten, mit den sie ihr neue Zuhause rund um die Betonbauten erkundet. Dabei entdecken die Kinder mehr als nur die Gegend, sondern gleichzeitig auch unbekannte Kräfte, die in ihnen schlummern. Was mit harmlosem Spaß beginnt, entwickelt sich schnell zu bitterem Ernst…

Kritik
Für “The Innocents” verwandelt der norwegische Regisseur Eskil Vogt eine unscheinbare Hochhaussiedlung in das Schlachtfeld übernatürlich begabter Kinder. Was sich wie der Stoff für den nächsten großen Marvel-Blockbuster liest, entpuppt sich jedoch schnell als intimes Drama mit nuancierten Horrorelementen, das sich von sämtlichen Genrekonventionen lossagt und trotz inhaltlicher “X-Men”-Parallelen einen komplett eigenen Weg geht. Die telekinetischen und telepathischen Fähigkeiten der Protagonist*innen dienen dabei lediglich als Visualisierung der im Kern unschuldigen, dadurch aber nicht weniger zerstörerischen kindlichen Grausamkeit. Diese manifestiert sich nämlich schon vor dem Kennenlernen der eigenen Kräfte, wenn Ida beispielsweise ihre autistische Schwester absichtlich Schmerzen zufügt, um zu testen, ob diese tatsächlich Schmerz empfindet, oder wenn sie wenig später ohne mit der Wimper zu zucken einen Regenwurm zertritt.

So weit, so unbedenklich. Spätestens jedoch mit der Grausamkeit gegenüber einer Katze, etabliert sich ein starkes Gefühl von Abscheu, dass weit über das von Beginn an mitschwingende Unwohlsein hinausgeht. “The Innocents” wird stets von einer dunklen Vorahnung begleitet, die sich maßgeblich für die dichte Atmosphäre des Dramas verantwortlich zeigt. Der Horror ergibt sich dabei nicht etwa aus pumpen Jump-Scares und Schockmomenten, sondern aus der drückenden Stimmung und der sich gemächlich zuspitzenden Situation, ehe alles in einem intimen “Showdown” mündet. Das Finale bildet dabei ein deutliches Kontrastprogramm zu anderen Filmen mit ähnlicher Superkraft-Thematik. Auch wenn am Ende der gewünschte Schlag in die Magengrube ausbleibt und das offensichtliche Foreshadowing bezüglich der Rollen, die die Kinder später einnehmen werden etwas an Spannung herausnimmt, ist „The Innocents“ ein unglaublich starkes Horrordrama, dass man sich nicht entgehen lassen sollte!

Fazit
Ein außergewöhnliche Horrordrama!
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