| Titel | Solange wir lügen |
| Genre | Drama, Thriller |
| Jahr | 2025 |
| FSK | 12 |
| Creator | Julie Plec, Carina Adly MacKenzie |
Starttermin: 18.06.2025 | Prime Video
Eine vergebliche Suche nach Jugend und Wahrheit
Sommer und Jugend – eine explosive Mischung aus Freiheit, Sehnsucht und dem berauschenden Gefühl neuer Erfahrungen. Es sind die Tage, in denen der erste Kuss die Welt verändert, das Herz schneller schlägt und jeder Tag sich wie ein kleines Abenteuer anfühlt. Die Hitze flirrt nicht nur in der Luft, sondern auch in der Seele, wenn die Zeit stillzustehen scheint und alles möglich erscheint. Der Sommer ist die Bühne der ersten Male: erste Liebe, erstes Verliebtsein, erstes Verlieren – Momente, die tief einbrennen und uns für immer prägen. Auch “Solange wir lügen”, die neue Amazon Original Serie basierend auf E. Lockharts gleichnamigen Bestseller-Roman, widmet sich dieser flirrenden Zeit und erzählt von Geheimnissen, Freundschaften und dem schmalen Grat zwischen Wahrheit und Lüge, der das Erwachsenwerden oft begleitet – mit der ernüchternden Intensität eines Regentages.

Und darum geht es…
Die siebzehnjährige Cadence Sinclair Eastman (Emily Alyn Lind) ist die Tochter einer wohlhabenden, angesehenen Familie, die jeden Sommer auf der privaten Insel Beechwood vor der Küste Massachusetts verbringt. Dort wächst sie gemeinsam mit ihren Cousins Johnny (Joseph Zada) und Mirren (Esther McGregor) sowie ihrem Freund Gat (Shubham Maheshwari) auf – und wird schon bald Teil eines eingeschworenen Quartetts. Doch ein traumatisches Ereignis verändert Cadences Leben radikal: Sie erleidet eine Kopfverletzung, verliert ihr Gedächtnis und wird fortan von starken Migräneanfällen geplagt. Als sie ein Jahr später auf die Insel zurückkehrt, ist alles anders. Weder ihre Familie noch ihre Freund*innen wollen ihr erzählen, was vorgefallen ist – und so drängt sich für Cadence immer drängender die Frage auf: Was verbergen die Menschen, denen sie am meisten vertraut?

Unser Eindruck nach zwei Episoden
Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine Serie in die widersprüchliche, oft chaotische Zeit des Erwachsenwerdens wirft – und dabei ein Publikum fesselt, das längst nicht mehr zur eigentlichen Zielgruppe gehört. Die Dramen, Unsicherheiten und flüchtigen Intensitäten der Adoleszenz sind dabei oft überzeichnet, manchmal nahe am Kitsch, gelegentlich unnötig dramatisiert. Und doch entfalten sie nicht selten eine eigentümliche Sogwirkung: ein Gefühl von Jugend, das zugleich nostalgisch, roh und auf seltsame Weise gegenwärtig wirkt. “Solange wir lügen“ gelingt genau das nicht. Statt Nähe oder Sehnsucht zu erzeugen, bleibt die Serie auf merkwürdige Weise befremdlich, innerlich unschlüssig und in ihrer Wirkung erstaunlich trivial. Schon das zentrale Figurenquartett um Cadence wirkt konstruiert und offenbart einen identitätslosen Haufen Vorzeigekinder, ohne rebellische Ader oder echte Tiefe, die weder glaubwürdig noch greifbar wirkt.

So wird abends lieber still ein Buch zu Ende gelesen, mit kindlicher Emsigkeit Sandburgen gebaut und zur Begrüßung erst einmal eine Runde Fangen gespielt. Da überrascht es kaum, dass Cadence und Gat fast spielerisch über eine ganze Episode hinweg umeinander tänzeln, ehe sich der erste Kuss schließlich doch noch Bahn bricht. Dass Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll hier zur Abwechslung einmal nicht im Mittelpunkt des Erwachsenwerdens stehen, mag auf den ersten Blick wohltuend zurückgenommen wirken – verliert vor dem Hintergrund der heraufziehenden Spannung jedoch schnell an Glaubwürdigkeit. Dramaturgisch verhält sich „Solange wir lügen“ dabei wie die deutlich freiere, weniger zugeknöpfte spanische Netflix Serie „Élite“, die ähnlich wie nun auch das Amazon Original die aufkeimende Tragödie immer wieder nur andeutet und die Erzählung, zwischen den Zeitebenen hin- und herspringend, in einem asynchronen Geflecht aufbaut. Der feine Unterschied jedoch liegt – von der radikalen Zeigefreudigkeit der spanischen Serie mal abgesehen – vor allem im Unterhaltungswert, der hier merklich auf der Strecke bleibt.

Fazit
“Solange wir lügen“ verspricht Sommer, Jugend und Geheimnisse, bleibt jedoch blass und kühl – eine Geschichte, die die flirrende Intensität dieser Jahreszeit nicht einfängt!


