DER WATCHDOG

Titel	Nine Puzzles
Genre	Thriller, Krimi
Jahr	2025
FSK	16
Regie	Yoon Jong-bin

Mehr als nur das nächste “Criminal Minds”

Man könnte meinen, das Thema Profiling sei längst auserzählt – durchdekliniert in zahllosen Crime-Formaten, routiniert inszeniert, dramaturgisch ausgelaugt. Doch “Nine Puzzles” beweist, dass es im Genre noch unentdeckte Räume gibt – indem es nicht die Methode, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Statt forensischer Brillanz oder kriminalistischer Effizienz geht es hier um Wahrnehmung und die fragile Grenze zwischen Intuition und Obsession. Die südkoranische Disney+ Original Serie verwebt die Eigenschaften psychologischen Krimis mit still vibrierender Suspense – und erinnert dabei immer wieder an die klaustrophobische Eleganz eines Alfred Hitchcock.

Und darum geht es…

Ein junges Mädchen findet ihren Onkel tot in dessen Wohnung – brutal erstochen. Der Täter wird gefasst, das Verfahren abgeschlossen. Doch irgendetwas daran stimmt nicht. Zehn Jahre später ist aus dem traumatisierten Kind eine ebenso stille wie analytische Profilerin geworden. Yoon E-na (Kim Da-mi) arbeitet für die Polizei – ausgerechnet in jenem Fachbereich, der Täterprofile aus scheinbar bedeutungslosen Spuren liest. Als eine neue Mordserie die Stadt erschüttert und bei jedem Opfer ein Puzzleteil hinterlassen wird, ist es nicht nur ein Fall, sondern ein Echo. Das Muster der Verbrechen erinnert an jenen alten Mordfall – ihren eigenen. Zusammen mit Kim Han-saem (Son Suk-ku), dem ehemaligen Ermittler und heutigen Kollegen, der ihr bis heute nicht ganz traut, gräbt sie tiefer – und stößt schließlich auf eine Erkenntnis, die alles verändert.

Unser Eindruck nach den ersten drei Episoden

Vergesst “Criminals Minds” – “Nine Puzzles“ entzieht sich dem konventionellen Crime-Klischee und öffnet stattdessen einen stillen, fesselnden Blick in die spannende Welt des Profilings. Die südkoreanische Thrillerserie verweigert sich dabei größtenteils dem vorherrschenden Erzählschema, ignoriert die Konventionen episodischer Aufklärung und setzt stattdessen auf eine charaktergetriebene Geschichte, die sich Zeit nimmt, um psychologische Nuancen auszuleuchten. Regisseur Yoon Jong-bin gestaltet hierfür eine gemächliche Erzählung, die ihre Spannung weniger durch gängige Tropen als durch subtile Andeutungen und visuelle Kompositionen entfaltet. Immer wieder erinnert der Stil an Hitchcock – weniger durch direkte formale Zitate, sondern vielmehr durch die sorgsame Inszenierung von Blickachsen, Bildkompositionen und den musikalischen Unterbau. Die Musik wird hier zum zentralen erzählerischen Element, das weit über reine Begleitung hinausgeht.

Tonal oszilliert “Nine Puzzles“ zwischen melancholischen Streichern und zarten Klaviermotiven – eine klare Reminiszenz an Bernard Herrmanns Klangwelten für Hitchcock – und einem leichteren, jazzig-verspielten Score, der die aufgesetzte, zugleich lebendige und eigenwillig-lebensfrohe Art der Protagonistin unterstreicht. Dieser Jazz-Score verleiht “Nine Puzzles” eine überraschende Leichtigkeit und Beschwingtheit, die der düsteren Grundstimmung einen verspielten Kontrapunkt setzt. So entsteht ein Spannungsfeld, das zwischen beklemmender Psychologie und fast tänzerischer Eleganz changiert. Die Musik zieht die Zuschauerschaft in einen Bann, der an Hitchcocks unverkennbare Mischung aus Anziehung und unterschwelliger Bedrohung erinnert – nur eben mit einer moderneren, lebendigeren Note, die “Nine Puzzles“ unverwechselbar macht.