Home Sweet Home

Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt
TitelHome Sweet Home – Wo das Böse wohnt
Genre Horror
Jahr2024
FSK16
RegieThomas Sieben

Heimkinostart: 20.06.2024

One-Take-Horror made in Germany

Plansequenzen, also lange, ungeschnittene Kamerafahrten, ob mit wenigen geschickt verstecken Szenenschnitten versehen, oder tatsächlich am Stück abgefilmt, lassen dem Publikum kaum eine andere Wahl, als sich unvermittelt ins Geschehen hineinziehen zu lassen. Dieses immersive Erlebnis erweist sich insbesondere dann als technische Glanzleistung, wenn sich die Sequenz auf die gesamte Laufzeit eines Films erstreckt. Jeder Schwenk der Kamera, jeder Schritt der Darsteller*innen, perfekt choreografiert und aufeinander abgestimmt – und die Zuschauer*innen werden Zeug*innen eines fließenden Stroms von Emotionen und Ereignissen, die ohne Unterbrechung aufeinanderprallen. Mit genau diesen Bildern im Kopf dürfte sich auch Thomas Sieben seinem One-Take-Schocker “Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt” angenähert haben – was dabei herausgekommen ist, spricht hingegen eine ganz andere Sprache!

Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt
Home Sweet Home ©Constantin Film Verleih GmbH/ Gordon Muehle

Und darum geht es…

Maria (Nilam Farooq) könnte nicht glücklicher sein. Sie und ihr Verlobter Viktor (David Kross) erwarten ihr erstes Kind und mit dem Umzug in ein schönes Landhaus, das sich bereits seit Generationen im Besitz von Viktors Familie befindet, steht ein weiterer großer Schritt in die gemeinsame Zukunft an. Dass ihr Verlobter am Tag des Umzuges länger arbeiten muss, ist da nicht weiter schlimm für Maria, die hochschwanger wie sie ist, sich einfach alleine auf Erkundungstour durch das neue Heim begibt. Als der Strom ausfällt und sich die merkwürdigen Ereignisse häufen, ist dies der Anfang eines wahrgewordenen Albtraums – erst recht, wenn dann auch noch die Wehen einsetzten und sich Maria auf sich alleine gestellt den Dämonen aus Viktors familiärer Vergangenheit stellen muss!

Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt
Home Sweet Home ©Constantin Film Verleih GmbH/ Gordon Muehle

Dann doch lieber eine Runde mit der Geisterbahn!

Das deutsche Genrekino ist tot – eine lediglich halbwahre Aussage, schließlich hätte es dafür zunächst einmal am Leben gewesen sein müssen. Die Zeit, in der Stummfilmklassiker wie “Nosferatu” die Filmlandschaft für immer verändern sollten, liegt bereits über 100 Jahre zurück und überraschende Ausnahmen wie “Der Nachtmahr” sind eben genau das – überraschende Ausnahmen. Die Hoffnung, dass “Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt” mit seiner außergewöhnlichen One-Take-Prämisse daran vielleicht endlich etwas ändern könnte, war groß – das Ergebnis umso ernüchternder. Wo das ebenfalls aus Deutschland stammende Indie-Meisterwerk “Victoria” mit einer einzigen 140-minütigen Kameraeinstellung inszenatorisch, dramaturgisch und schauspielerisch maßgeblich dazu beitrug, dass das der Thriller umso fesselnder und überwältigender ausfiel, verkommt die One-Take-Entscheidung in Siebens Möchtegern-Gruseler zum wertlosen Gimmick – ohne zuträglichen Einfluss auf das Gesehene.

Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt
Home Sweet Home ©Constantin Film Verleih GmbH/ Gordon Muehle

Durch das Ausbleiben erkennbarer Szenenschnitte verkommt “Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt” schnell zur dürftig unterhaltsamen Jahrmarktattraktion mit vereinzelt-ineffizienten Schreckmomenten. Wie in einer Geisterbahn dümpelt der holprige Wagen größtenteils ereignislos vor sich hin, nur um dann das Publikum hin und wieder mit in die Höhe schießendem Lautstärkepegel und ähnlich pumpen Jumpscare-Klischees zu attackieren. Die erhoffte Horror-Wirkung bleibt aus. Den wahren Horror offenbart Siebens Genre-Reinfall erst dann, wenn es um das Writing geht. Das generische Skipt ist voll mit uninspirierten Genreversatzstücken, Abziehbildern und realitätsfernen Dialogzeilen – vorgetragen von einem vornehmlich debil grinsenden David Kross und einer monoton-fassungslos glubschenden Nilam Farooq. One-Take hin oder her – weniger originell geht es kaum. 

P.s. Wer auf der Suche nach gutem deutschsprachigen Horror ist, dem sei an dieser Stelle ein Blick ins benachbarte Österreich (“Ich seh, ich seh”, “Luzifer”, “Family Dinner”) ans Herz gelegt. 

Home Sweet Home - Wo das Böse wohnt
Home Sweet Home ©Constantin Film Verleih GmbH/ Gordon Muehle

Fazit

Nicht nur die Schnitte lassen auf sich warten! Auch der Horror bleibt dem deutschen One-Take-Horrorfilm “Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt” fern. Statt gruseligen Szenen gibt es gruselige Dialoge und eine allzu bekannte 08/15-Dramaturgie. Nein, danke!

Bewertung: 1 von 5.
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