| Titel | Im Wasser der Seine |
| Genre | Thriller, Horror |
| Jahr | 2024 |
| FSK | 16 |
| Regie | Xavier Gens |
Starttermin: 05.06.2024 | Netflix
Haialarm in Paris
Darüber, dass die Darstellung des furchteinflößenden Meeresräubers, wie sie in unzähligen Haifilmen seit jeher propagiert wird, weit davon entfernt ist, wie sich der eigentlich scheue Knorpelfisch, der von der rücksichtslosen Spezies Mensch viel mehr Angst haben sollte, also andersrum, in Wirklichkeit gibt, müssen wir eigentlich nicht mehr reden. Mit seinen messerscharfen Zahnreihen, dem gigantischen Maul und der brachialen Erscheinung bietet sich der Hai als die Ausgeburt, dessen, was Menschen fürchten, rein optisch nun mal hervorragend an. Wie so oft ist es aber auch in “Im Wasser der Seine” die Menschheit selbst, die sich in einer Symbiose aus mutwilliger Zerstörung und grenzenloser Unfähigkeit selbst gen Verderben manövriert – der Hai ist nur die Kirsche auf der Sahne!

Und darum geht es…
Paris im Ausnahmezustand: Kurz vor einem großen Triathlon bahnt sich eine Katastrophe an. Ein gigantischer Hai hat sich auf seiner Reise durch den Nordpazifik verirrt und befindet sich schnurstracks auf dem Weg in die Stadt. Doch die Warnungen der Umweltaktivistin Mika (Léa Léviant) stoßen auf taube Ohren. Lediglich die Wissenschaftlerin Sophia (Bérénice Bejo) und der Kommandant der Gewässerpolizei Adil (Nassim Lyes) nehmen die drohende Gefahr ernst und begehen sich eigenmächtig auf die Jagd nach dem gefräßigen Hai. Passend zum Auftakt des Triathlons ist dieser jedoch längst in der Seine angekommen – und die Schwimmer*innen schon dabei, ihre Bahnen zu ziehen…

Wenn das große Fressen beginnt…
… ist die Hunger– und Durststrecke vorbei! Ein bevorstehendes Event, profitorientierte Veranstalter*innen, untätige Behörden – und bissige Kreaturen aus den Untiefen des Ozeans, die die Einladung dankend annehmen. Was bereits in Alexandre Ajas Splatter-Spaß “Piranha 3D” und vielen anderen Tierhorrorfilmen vor und nach ihm funkioniert hat, dient auch “Im Wasser der Seine” als Steilvorlage, um die Gewässer blutrot einzufärben. Unter der Regie von Xavier Gens, der wie sein Kollege Aja (“High Tension”) ebenfalls ein Kind der neuen französischen Härte ist und sich einst mit seinem brutalen Horror-Flick “Frontier(s)” einen Namen machte, liefert sein Spielfilm-Einstand auf Netflix klassische Killertier-Kost, wie man sie rein dramaturgisch bereits zur Genüge gesehen hat, mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass seine Arbeit in den richtigen Momenten tatsächlich großen Spaß macht.

Bis dahin muss sich das Publikum jedoch erst einmal mit dem üblichen Öko-Thriller-Geplänkel herumschlagen. Auch in “Im Wasser der Seine” dienen Klimawandel und Umweltverschmutzung wieder einmal als obligatorischer Auslöser und verwässern die erhoffte Tierhorror-Gaudi mit unnötig redseligem Ballast. Die wichtige Botschaft in allen Ehren, verkommt auch in Xavier Gens Netflix Original zum reinen Gimmick, um der Hai-Action auch eine Geschichte zu spendieren, in die sie gebettet werden kann. Selbiges gilt für die Figuren, die wie der Plot am selbstdefinierten Godzilla-Effekt leiden. Wie im Monsterverse rund um den nuklearen Echsenmann, sind es auch hier die trögen menschlichen Geschichten, die den Fokus immer wieder weg von der eigentlichen Monster-Attraktion lenken – und die hebt sich weit vom Genre-Durchschnitt ab.

Hochglanz-Trash wie man ihn sehen will!
Wenn der tadellos animierte Unterwasserkiller zur Tat schwimmt – und später sogar eine ganze Arme seiner Brut – kann Xavier Gens endlich unter Beweis stellen, dass das Horrorgenre sein Jagdgebiert ist. Das Beginnt bereits bei der hochwertig inszenierten Eröffnungsszene, die zwar noch handzahm und blutarm daherkommt, mit der ästhetischen Bildgestaltung – der Plastikmüll und das Meer vermischen sich zu einer tragischen und gleichzeitig farbenfrohen Schönheit – aber alleine optisch einiges hermacht. Die grauen Kanäle der Pariser Seine, mit ihren trüben Unterwasserwelten, können da zwar nicht mithalten, doch spätestens beim Betreten der unterirdischen Tunnelsysteme, die im Schein von Neonlichtern erstrahlen, legt sich der anfängliche Glanz zurück auf die Bildschirme. Wenn “Im Wasser der Seine” dann zum großen Fressen einlädt, einmal in einer unterirdischen Katakombe, das andere Mal beim großen Wettschwimmen im Finale, herrscht ein ähnlich blutiger, von Massenpanik begleiteter Ausnahmezustand wie im bereits erwähnten “Piranha 3D”. Gens hält dabei gekonnt die Balance zwischen handwerklichem Geschick und unterhaltsamen Trash, während sich das Tierhorror-affine Volk zufrieden zurücklehnen darf. Denn seien wir mal ehrlich? Wer will schon einen bierernsten Haifilm sehen?

Fazit
Wer so ein Aufheben um einen poppeligen Triathlon macht, der hat es verdient, dass sich die Ärmel der Seine mit Blut füllen. Das Tierhorror-affine Publikum jedenfalls dürfte sich darüber freuen, wenngleich das generische Drumherum eher tröge ist!

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